Re: warum abschwören ?

Geschrieben von Baldur am 19. Dezember 2004 20:49:03:

Als Antwort auf: Re: El Schaddai geschrieben von Gilgamesch am 19. Dezember 2004 07:41:13:

>was soll denn bitte schoen ethischer sein als "Liebe deinen Nachsten wie dich selbst", oder "Das was du willst dass die Leute dir tun, das tue ihnen auch"?

Hallo, Gilgamesch,

das ist nicht unethisch. Aber dafür brauchts doch keine Religion, das lernt auch jedes Heidenkind.
Oder sollte es zumindest. Das dürfte auch im Kommunismus Bestandteil der Erziehung in gebildeten Familien gewesen sein.

für mich gibt es auch im NT einige Stellen, die gegen meine zutiefsten Lebensüberzeugungen stehen, angefangen von der weltfremden Einstellung zu Arbeitslöhnen (Gleichnis vom Arbeiter im Weinberg) als auch von der hochgelobten Bergpredigt (andere Wange hinhalten).

>> Ich persoenlich trenne zwischen AT und NT.

Dann übersiehst Du klar die dazwischen bestehende Kontinuität.
Die Kirchen sagen klar, daß beides zusammengehört, außerdem bezieht sich doch auch Jesus ganz klar auf den im AT beschriebenen Jahwe als angeblichen Gott.
Der aber outet sich selbst als grausamen Schlächter und Verbrecher.

Du kannst es nicht trennen, ohne daß der ganze Glaube völlig unglaubwürdig wird, es wird ihm doch das Fundament entzogen.
Auch Jesus sieht doch das Volk Israel als Volk Gottes an. Also geht es um den gleichen Glauben.

>Ausserdem wuerde ich gerne wissen warum du abgeschworen hast??

Und genau deswegen muß ich mich persönlich von diesem für mich wirren Gedankengut distanzieren, das Opferung beinhaltet, das Trinken von Blut und das Essen von Menschen/Gottes-Fleisch, das die Vergebung durch Priester für wahr ansieht, in etlichem Ähnlichkeiten zum Voodoo-Kult aufweist (Reliquien), das den Tod glorifiziert und das leiden anbetungspflichtig macht, das vom schlechten Gewissen lebt, usw.
Ich war zudem mal evangelisch, da ist es als Nicht-Linker schon mal eine politische Pflicht, dort auszutreten.

>>Und bitte sage mir nicht wegen den Kirchen und so weiter.

Nein, es ist die Grundlage des Glaubens, dieser ganze Unterbau aus dem AT und die für mich immer befremdlicher wirkende Nachfolgegeschichte des NT. Obwohl ich obendrein etliche negative Erfahrungen mit den Schwarzkitteln aus meiner Familie zum besten geben könnte.

Ich bin nicht aus einem nah-östlichen Kulturkreis, der es naheliegend machen könnte, auch Religionen aus dieser Wüstengegend für sich zu akzeptieren, und habe beruflich mit Japan zu tun.
Beim Vergleich der Kulturen erscheint mir die fernöstliche so sehr viel weiser und überlegener, und die Lehre der drei monotheistischen Religionen so sehr viel fremder, daß ich seit einiger Zeit mit dem Wüstenglauben nichts mehr anfangen kann. Kulte und Riten lehne ich persönlich total ab. Ich habe einige verschüttete Erinnerungen an eine frühere Inkarnation als Ketzer, deswegen ja auch der Spitzname, das reicht mir - ich sehe nirgends, daß der christliche Glaube Positives bewirken würde.

Sollte beispielsweise ein japanischer Gelehrter dem Fegefeuer anheimfallen oder gar der Verdammnis, nur, weil er kein Christ ist oder keine letzte Ölung empfangen hat ? Das ist einfach jenseits des mir vorstellbaren. Ich will meinen Verstand nicht ausschalten, wenn ich nachforsche, wie es um uns herum sein könnte. Und irgendwelchen Schriften glaube ich sowieso nicht, wenn sie mich nicht inhaltlich überzeugen - erst recht nicht, wenn sie mit dem Anspruch an ein Glauben-Müssen verbunden sind. Dann schon gleich niemals nicht. Ich möchte mich vielmehr bewußt abgrenzen und distanzieren.

Ich habe meinen ehemaligen christlichen Glauben durch keine andere Konfession ersetzt, sondern glaube als Spiritualist lediglich, daß die Seele fortlebt, daß alle Menschen hierin gleich und vo allem als Seele gleichwertig sind, egal, was sie glauben, daß es einen Schöpfer für alle und alles gibt, daß es geistige Wesenheiten gibt, die uns behilflich sind, daß es wohl auch die Gegenseite gibt, aber mehr auch nicht.
Soviel kann man nämlich auch selbst erfahren, dazu brauchts keine *Geistlichen*, die ja keinen Deut mehr wissen als unsereiner, es sei denn, aus obskuren Schriften.

Den ganzen Rest der selbsternannten konfessionellen Bodentruppen muß ich folgerichtig als Schmarotzer ansehen, ich kann nicht anders. Wer sonst redet so viel über das Jenseits, und sagt so wenig konkretes bzw. glaubhaftes darüber aus ?

Die ganzen biblischen Schilderungen halte ich nicht mehr für göttlich inspiriert, und für uns heute ohne jeden Belang - die Qumranrollen sind ja ein Indiz, daß es der Glaube einer kleinen Sekte in der Wüste vor 2000 Jahren war. Wofür ich sie statt dessen halte, behalte ich besser für mich, sonst flieg ich raus. William Bramley hat in seinem Buch *Die Götter von Eden* interessante Überlegungen angestellt, die mich in meiner Meinungsbildung stark beeinflußt haben.

Um das nicht ausufern zu lassen, ende ich hier mal. Aber natürlich war ich Dir meine Antwort auf Deine Frage schuldig.

Beste Grüße vom Baldur, dem Ketzer

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