Re: Definiton: Kombattanten/Kriegsgefangene - US = Terroristen
Geschrieben von Der Berliner am 28. November 2004 14:04:22:
Als Antwort auf: Definiton: Kombattanten/Kriegsgefangene (bis repetita adiuvant) geschrieben von Swissman am 27. November 2004 03:33:34:
Swissman,
ohne Dir in Bezug auf die Taliban etc in irgendeiner Weise widersprechen zu wollen, muß - just for the records - festgehalten werden, daß entsprechend:
ad 4) Wer gegen die Gebräuche des Krieges verstösst (z. B. indem er verbotene Waffen, beispielsweise Dum-Dum-Geschosse, verwendet, Verwundete und Gefangene foltert oder tötet, oder sich an der Zivilbevölkerung vergeht) verliert automatisch seinen Kombattantenstatusdann auch die meisten US-Soldaten keine Kombattanten sind, denn ihre militärische Vorgehensweise basiert auf konsequenter Mißachtung dieser Regeln, allein schon durch die Flächenbombardements und die Art der verwendeten Waffen. Heute wie in WKII wie in allen diversen Zwischenkriegen.
Damit meine ich nicht die Verfehlungen einzelner, sondern die offizielle von oben angeordnete Vorgehensweise.
Vor solchen Hintergründen wird auch verständlich, warum die perverse Idee des unbedingten militärischen Gehorsams in praktisch allen Armeen der Welt mit fadenscheinigen Sachgründen durchgesetzt wird.
Der Berliner
>Hallo Danan,
>Bei Taliban und Al-Kaida-Anhängern handelt es sich, wie Napoleon korrekt festgestellt hat, NICHT um Kriegsgefangene im Sinne des Völkerrechts! Der Begriff des "Kriegsgefangenen" wurde erstmals im Rahmen der Haager Landkriegsordnung (HLKO) formal festgelegt und definiert. Später wurde der diesbezügliche Passus von den Genfer Konventionen (GK) 1:1 übernommen. - Die GK wollen die HLKO ausdrücklich nicht ersetzen, sondern ergänzen.
>Was sagt nun die HLKO? - Kriegsgefangener kann ausschliesslich derjenige werden, der zum Zeitpunkt der Gefangennahme den Status eines "Kombattanten" innehatte. Kombattanten müssen gemäss Art. 1 HLKO folgenden Minimalbedingungen genügen:
>"1. dass jemand an ihrer Spitze steht, der für seine Untergebenen verantwortlich ist, 2. dass sie ein bestimmtes, aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen, 3. dass sie die Waffen offen führen und 4. dass sie bei ihren Unternehmungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachten."
>Es müssen ALLE vier Bedingungen erfüllt sein, um als Kombattant gelten zu können.
>Es folgen nun einige Anmerkungen zur Interpretation und Umsetzung dieser Minimalanforderungen:
>ad 1) Der verantwortliche Führer muss nicht zwingend ein Offizier sein, aber er muss von seinen Untergebenen erwarten können, dass seine Befehle befolgt werden. Für ihre Taten muss er gegebenenfalls einstehen.
>ad 2) Im Normalfall ist dies die Uniform, die den Träger als Angehörigen der Streitkräfte seines Landes ausweist. Wer diesen nicht angehört, aber trotzdem den Kombattantenstatus beansprucht, muss ein Kennzeichen tragen, welches der Gegenseite bekanntgegeben werden muss. Das Kennzeichen muss aus normaler Sehweite (d. h. aus Schussentfernung) zu erkennen sein. Das Kennzeichen soll zudem nicht nur im Gefecht, sondern ständig gezeigt werden. Es ist nicht notwendig, dass es fest an der Kleidung angebracht ist - eine Armbinde, wie sie etwa der Deutsche Volkssturm gegen Ende des 2. Weltkrieges trug, genügt den Anforderungen des Völkerrechts (Die Schweizer Armee verfügt über einen grösseren Vorrat an (völkerrechtlich gültigen) roten Armbinden mit Schweizerkreuz, die im Bedarfsfall an Freiwillige abgegeben würden). Ein Sternchen mit fünf Zentimeter Durchmesser an der Kopfbedeckung, wie ihn die Tito-Partisanen zeitweise benutzten, genügt hingegen nicht!
>ad 3) An der offen getragenen Waffe soll der Kombattant der Gegenseite erkennen können, dass ihm ein Feind gegenübersteht.
>ad 4) Wer gegen die Gebräuche des Krieges verstösst (z. B. indem er verbotene Waffen, beispielsweise Dum-Dum-Geschosse, verwendet, Verwundete und Gefangene foltert oder tötet, oder sich an der Zivilbevölkerung vergeht) verliert automatisch seinen Kombattantenstatus.
>Wer die Bedingungen des Art. 1 der Haager Landkriegsordnung nicht beachtet, und zwar alle vier, ohne Ausnahme, hat ausdrücklich keinen Anspruch auf eine völkerrechtskonforme Behandlung, selbstverständlich auch nicht auf den Kriegsgefangenenstatus. Faktisch stehen diese Leute ausserhalb der Rechtsordnung und unterliegen dem völkerrechtlichen Gewohnheitsrecht, d. h. sie sind dem Sieger auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
>Franktireure (so der terminus technicus) haben gemäss HLKO noch nicht einmal einen Anspruch darauf, überhaupt gefangengenommen zu werden - der Gewahrsamsmacht wird vielmehr ausdrücklich das Recht zugestanden, diese bei oder nach ihrer Ergreifung hinzurichten.
>Bei den gefangenen Taliban sind zumindest die Punkte 2 und 4, möglicherweise auch Punkt 3, nicht erfüllt, weswegen es sich bei ihnen keinesfalls um Kriegsgefangene im Sinne des Völkerrechts handeln kann. Die Bestimmungen sind hier absolut eindeutig, einen Interpretationsspielraum sehe ich nicht. - Wenn alle Gesetze derart klar ausformuliert wären, wäre die Hälfte unserer Juristen arbeitslos! *g*
>Natürlich steht es den USA frei, ihnen trotzdem, als Zeichen des guten Willens, die einem Kriegsgefangenen zustehenden Vergünstigungen zu gewähren - einen Rechtsanspruch darauf gibt es jedoch nicht. Ich würde davon jedoch abraten, da ich eine solche Massnahme als kontraproduktiv ansehen würde: Wahhabiten sind aufgrund ihrer psychologischen Disposition für Milde in aller Regel nicht zugänglich - diese Leute legen Milde vielmehr als Schwäche aus, was sie in ihren extremistischen, antisozialen Ansichten in aller Regel sogar noch zusätzlich bestärken wird.
>Als weitaus zweckmässiger erachte ich es, diese Personengruppe als wertvolles Faustpfand anzusehen, an dem gegebenenfalls notwendige, völkerrechtlich zulässige, Repressalien vorzunehmen sind...
>Mit Dir einig gehe ich hingegen darin, dass Folter in aller Regel unmoralisch und unzweckmässig ist. Ausnahmen sind selten, kommen aber dennoch vor: Wolfgang Daschner, der in Deutschland derzeit vor Gericht steht, hat in der gegebenen Situation völlig richtig gehandelt - Ich hätte an seiner Stelle zweifellos dasselbe getan. Gefgen hatte ja die Entführung als solche bereits gestanden, sodass die Gefahr, versehentlich einen Unschuldigen zu foltern, zu keinem Zeitpunkt gegeben war.
>Andererseits weigerte er sich, das Versteck des entführten Jungen zu nennen (der nach damaligem Kenntnisstand noch am Leben war). Das Leben eines Kindes ist für mich in jedem Fall unendlich viel häher zu gewichten, als die körperliche Unversehrtheit eines überführten Schwerstkriminellen - im Grunde eine einfache Rechtsgüterabwägung. Um das Leben des Jungen zu retten, wäre daher meiner Meinung nach nicht nur die Androhung, sondern auch die tatsächliche Anwendung verschärfter Verhörpraktiken sinnvoll und moralisch zulässig, ja sogar geboten gewesen. - Den humanitären Kitsch, der Linken kann und will ich hier ausdrücklich nicht teilen.
>mfG,
>Swissman
>P. S.: Wer Opium anbaut, ist für mich ein übler Verbrecher. - Wenn dieser sich in eine Situation bringt, in der er als Franktireur angesehen werden muss, ist es mir daher nicht möglich, ihn deswegen zu bedauern. - Je weniger von dieser Sorte, desto besser für die Menschheit.