Re: Lieber Bibel-Bush als KGB-Putin!

Geschrieben von JeFra am 23. November 2004 02:27:02:

Als Antwort auf: Re: Lieber Bibel-Bush als KGB-Putin! geschrieben von another am 22. November 2004 02:15:50:


Ich weiss nicht, ob Sie Anatoliy Golitsyn kennen, aber wenn man diesem Überläufer glaubt, dann ist ein erster kleinerer Bruch mit Stalin erfolgt, und ein zweiter wesentlicher Bruch, der die sowjetische Politik wieder auf den alten Kurs Lenins brachte, in den Jahren 1956 bis 1958. Alles was danach kam war Täuschungsmanöver in der Tradition von Lenin und Sun Tsu, auch die sogenannte Perestroika, die letztlich wohl in einer weltweiten Perestrelka münden wird. Lenin hatte in den 20er Jahren die NEP ausgerufen, die eine vorübergehende Rückkehr zu bürgerlichen Verhältnissen mit sich brachte, frenetisch begrüsst wurde, und letztlich nur das Sowjetsystem stärkte. Analog dazu ist, Golitsyn zufolge, die neue kommunistische Strategie seit 1958 aufgebaut. Wenn man davon ausgeht, dass Golitsyn recht hat, gibt es heute nach wie vor eine kommunistische Bedrohung aus dem Osten. Diese ist sogar stärker als je zuvor, da der Marxismus nach '68 bereits weite Teile des Westens erfasst hat und die frühere Abwehrbereitschaft nicht mehr vorhanden ist. Die EU(dSSR) ist dafür ein hervorragendes Beispiel!

Golitsyn kenne ich nur vom Hörensagen. Es ist natürlich möglich, daß er recht hat, aber für bewiesen halte ich das nicht. Dagegen scheint gut belegt und einigermaßen unumstritten zu sein, daß viele der heutigen Neokonservativen dem Trotzkismus (genauer gesagt, der Shachtmanschen Spielart davon) und damit auch dem Bolschewismus geistig nahestehen. Ob Bush in seiner zweiten Amtszeit mit diesen Kräften brechen wird, wie von swissman erhofft, bleibt abzuwarten. Insofern ist Ihre These, daß der Westen seit 1968 vom Marxismus erfaßt ist, vielleicht sicherer begründet als Ihre (oder Golitsyns) Annahme, daß die Perestroika ein Täuschungsmanöver ist. Es geht mir ohnehin nicht so sehr um die Frage, ob die Perestroika einen echten Machtwechsel dargestellt hat, sondern um die Frage, ob eine pro-russische Neutralitätspolitik nicht weniger riskant gewesen wäre (und jetzt noch ist) als unsere derzeitige pro-westliche Politik. Und zwar auch schon vor der Perestroika. Solange nicht den Shachtmanistischen und verwandten Seilschaften im Westen das Handwerk gelegt und durch eine revolutionäre Änderung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse und der Herrschaft über die Massenmedien ein Wiedererstarken dieser Gruppe ausgeschlossen worden ist, würde ich sagen, daß das so ist.


Die Gefahren sind mir natürlich bewußt, aber bei der insgesamt prekären Situation Deutschlands oder des «Abendlandes» insgesamt haben alle Alternativen ihre Gefahren. Mir erscheint ein gefährlicher Weg immer noch besser als einer, der ins sichere Verderben führt.


Übrigens ist der Wechsel ins Shachtmanistische Lager, den große Teile der Bolschewisten im Westen vollzogen habe, genau das, was man erwarten würde, wenn Uschkujnik mit seiner These in der Hauptsache recht hatte und der Bolschewismus erst vom Westen unterstützt wurde, dann aber die ursprünglich herrschende Schicht entmachtet wurde.


MfG
JeFra


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