Re: Nur kurz zu Berlin

Geschrieben von Theo Stuss am 22. November 2004 18:22:33:

Als Antwort auf: Re: Keine Gebete mehr für den Kaiser seit 1954 geschrieben von Johannes am 22. November 2004 15:10:09:

Hallo Johannes,

Berlin hat, so behaupte ich, wegen seiner sehr kurzen Zeit als deutsche Hauptstadt, keine Bedeutung.

Berlin ist der Name eines slawischen Dorfes, und diesen Dorfnamen findet man auch in Ostholstein.

Was die Gebete für den römischen Kaiser angeht, so schaut man einfach in ein altes Schott-Messbuch, Latein-Deutsch, aber nicht die Ausgabe von 1962, da sind sie nämlich nicht mehr drin.

Was aber interessant ist, ist die Umformulierung ausgehend von folgenden Messbuchauflagen:

1954 (Messbuch vom heiligen Pius V. nach dem Konzil von Trient)

1962 (mit den Reformen von Pius XII. und Johannes XXIII., aber immer noch tridentinisch)

1965 (Zwitterform von alter und neuer Messe)

1969 (neuer Messritus)

Ich bringe mal eine Übersetzung:

Karfreitag (Gebete für den römischen Kaiser):

Lasset und beten für den allerchristlichsten Kaiser N., daß unser Gott und Herr ihm alle Barbarenvölker untertan mache, zu unserem beständigen Frieden.

Lasset uns beten. Beugen wir die Knie. - Erhebet euch!

Allmächtiger ewiger Gott, in Deiner Hand sind die Gewalten und das Recht aller Reiche; schaue gnädig auf das Römische Reich, daß die Völker, die auf ihre wilde Kraft vertrauen, durch Deine mächtige Hand gebändigt werden. Durch unseren Herrn Jesus Christus, der in der Einheit des Hl. Geistes usw.

Dieses Gebet ist urchristlich, wenn man auch in ältester Zeit nicht für den "allerchristlichsten" Kaiser gebetet hat. Man hört aber die Ängste der Zeit der Völkerwanderung heraus.

Karsamstag, am Ende des Lobliedes des Osterlichtes durch den Diakon

Schaue auch herab auf unseren tieffrommen Kaiser N., Du, o Gott,kennst seines Herzens Verlangen; schenke ihm mit seinem ganzen Volke nach Deiner unaussprechlichen Huld und Barmherzigkeit, dauernden Frieden und himmlischen Sieg.

Im Anhang des Messbuches, diverse Orationen, Nr.5

Kollektengebet:

Gott, Schirmherr aller Reiche und vor allem des christlichen Kaisertums, verleihe Deinem Diener, unserem Kaiser N., die Gabe, den Sieg Deiner Kraft weise zu vervollkommnen, damit er, der durch Deine Anordnung Fürst ist, aus Deiner Hand dauernde Macht zum Geschenke empfange. Durch unseren Herrn Jesus usw.

Stillgebet vor der Opferung:

Herr, nimm die Bitten und Opfergaben Deiner Kirche an, die um die Wohlfahrt Deines Dieners zu Dir fleht; wirke wie in der Vorzeit zum Schutze Deiner gläubigen Völker die Wunder Deiner Macht, auf daß die Feinde des Friedens überwältigt werden und die Christenheit in Ruhe und Freiheit Dir diene. D. u. H. usw.

Nach der Kommunion

O Gott, Du hast das römische Kaisertum gegründet, damit das Evangelium des ewigen Königs verkündet werde; so reiche Deinem Diener, unserem Kaiser N., die himmlischen Waffen, damit kein Kriegsunwetter den Frieden Deiner Kirche störe.
D. u. H. usw.

Diese Gebete waren im römischen Messbuch. Diese Gebete waren nicht auf Deutschland begrenzt. Ich versuche gerade herauszufinden, ob zur Zeit der französischen Monarchie vor 1789 gallikanische Besonderheiten in Frankreich galten, so daß der französische König diese Stelle einnahm. Dafür brauche ich aber ein Messbuch aus dem 18. Jhr. Ansonsten waren diese Gebete universal. Und überall, wo das römische Messbuch in Gebrauch war, wurden diese Gebete benutzt. Erst recht am Karfreitag und am Karsamstag.

Sie blieben bis 1955 in liturgischen Büchern. Erst Pius XII. hat sie in Gebete für die Staatenlenker umgeformt. Das hat aber nichts mehr mit der auf die Apostel zurückgehende Sicht zu tun, daß der römische Kaiser den Antichristen aufhalten soll. Im Gegenteil, das verrät eine totale Unkenntnis des Sachverhaltes.

Also, auch nach 1776 haben Katholiken in Maryland in den USA diese Gebete liturgisch vollzogen, öffentlich. Irische Katholiken haben bis 1806 so gebetet. Das hat den Engländern sicherlich gefallen. Deswegen war es auch verboten.

Gruß,

Theo





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