Re: Wir sollten hier doch etwas sachlicher diskutieren
Geschrieben von Mabo am 12. Oktober 2004 16:19:57:
Als Antwort auf: Re: Wir sollten hier doch etwas sachlicher diskutieren geschrieben von Johannes am 12. Oktober 2004 14:42:25:
Hallo Johannes!
Diese allgemeine Geschimpfe gehört nicht hierher, und es bringt auch nichts, wenn einige wegen jeder Kleinigkeit so tut, es würde dadurch die Welt untergehen.
Der Untergang wird die Summe solcher Kleinigkeiten sein.
Ein bißchen sollte die Verhältnismäßigkeit schon gewahrt bleiben - wer heute schon von einer Diktatur in Deutschland redet, was wird der wohl erst sagen, wenn es mal wirklich eine Diktatur geben sollte?
Womit wir wieder bei den Formulierungen sind. Mich nervt das schon lange hier, aber ich hatte bisher keine Lust drauf einzugehen. Hab ich eigentlich immer noch nicht. Ich finde "USrael" und "Systempresse" und all diese Begriffe genauso richtig und falsch wie deine Begriffe wie "SED-Nachfolgepartei" und so weiter. Lauter polarisierende Kraftausdrücke! Es nervt schon. Und der nächste redet dann von einer NSDAP-Nachfolgepartei und meint die CDU und was weiß ich. Immer wird eine passende Schublade gesucht ob nu rechts oder links. Drüben im Politikforum, wo seit neustem ziemlich viel hinverbannt wird, die gleiche Schose. Man wagt kaum noch mitzudiskutieren, irgendwelche Wegweiser und Stempel liegen schon für einen bereit.
Das ist Fakt und gehört als Hintergrund zu den Prophezeiungen mit dazu. Wenn es aber nur darum ginge, über die sch... Banken, Kapitalisten & Co zu schimpfen, die ja sowieso nur Verbrecher seien und uns unterdrücken wollen - was würde das bewirken, außer einige noch mehr herabzuziehen?
Aha. Will hier jemand was bewirken? Ich dachte es sei ein Diskussionsforum und den Schuh, hiermit die Welt zu verändern, habe man längst ausgezogen?
Gut, nehmen wir das Thema Banken. Hier stehe ich selber in einer fortwährenden Zwickmühle. Zwar weiß ich was ich denke, aber ich erwische mich immer, wie ich selber zu den Stempeln greife, die ich ablehne.
Als sozusagen "links" eingestellter Mensch sehe ich im Bankensystem, im Kapitalismus, den Hauptgrund für die leidvolle Geschichte der Menschheit. Und ich halte das Festhalten an diesem Finanzsystem für den Grund unserer Zukunftsprobleme. Und die Stellvertreter-Ursachen, die in den Medien verfolgt werden, sollen nur ablenken. Selbst die Umweltprobleme führe ich auf den vom Kapitalismus erzwungenen Raubbau zurück. Der Kapitalismus ist das Tier was uns beherrscht!
Und schon werde ich in die Kommunismus-Ecke gedrängt, der DDR oder Sowjet-Zustände wohl sicher besser fände. Igitt!
Wenn ich das Großkapital angreife und behaupte, dass es wissend das Elend in der Welt in Kauf nimmt und die Geschicke in Politik und Wirtschaft verschwörerisch für das mehren des eigenen Reichtums ausnutzt – koste es was es wolle – und wenn ich den Imperialismus und das Hegemonialbestreben der USA und auch die mit Weltmachtveto fortgeführte Ungerechtigkeit in Palästina anprangere... dann bin ich schneller als ich gucken kann auf einmal ein Nazi.
Der ganze Quatsch mit rechts und links ist eine reine Ablenkung um die Opposition zum Establishment zu zersplittern und wir fallen immer wieder darauf herein. Wer nicht dem Mainstream angehört, wer nicht das gut findet, was en vogue zu sein hat, ist zu verdammen. Wird in eine Ecke gestellt. (Wer in die USA blickt erkennt, dass es dort noch deutlicher wird. Bei solchen Trends waren die USA aber nur immer etwas weiter als wir, nicht generell verschieden.)
Das nervt alles so. Man kann ja sachlich nicht mehr diskutieren. Mich stören solche Kraftausdrücke auch, aber wir können uns auch verdammt pingelig anstellen. PC ist Unfug und demokratiefeindlich! Sie bewirkt nichts weiter, als dass bestimmte Wahrheiten und Tatschen aufgrund der Etikette verleugnet werden müssen. Und du wünscht in deinem Forum eine gewisse PC an die man sich zu halten hat. Wirklichem Freidenken setzt das Schranken.
Ich greife die Provokation von Max noch mal auf.
De facto befinden wir uns in einer Diktatur der Wirtschaft und undurchsichtiger Interessensverflechtungen die als Demokratie, wie Wolf im Schafspelz, daher kommt. Die Politiker verstehen sich auch nicht als Diktatoren. Und auch ich sehe sie nicht als solche. Aber sie geben zu, dass sie mit politischer Macht nur noch sehr begrenzt auf die Dinge Einfluss nehmen können. Der Politik wird zunehmend das Ruder aus der Hand gerissen. Im zwar demokratisch gedachten aber heutzutage durch Sachzwänge sich verselbständigten Staatsgefüge sind schon deutliche Risse zu sehen. Kracht es zusammen, dann stirbt auch unmittelbar die Demokratie. Die Demokratie ist was für gute Zeiten. In schlechten Zeiten weist sie sich selbst in die Schranken. Dafür gibt es die Notstandsgesetze.
Der Chip ist heute im Grunde harmlos, wirkt zumindest so. Nur wir haben scheinbar nicht genug kranke Fantasie um die Gefahr zu erfassen. Selbst wir "Spinner" hier, tun uns da oft erstaunlich schwer! Als die Nazis an die Macht kamen, da hat auch keiner die Gefahr sehen wollen. (Und wer mahnte, wurde weggesperrt oder gleich umgebracht. Noch schützt uns unsere Demokratie vor solcher Konsequenz.) Wenn sogar so intelligente Menschen wie Schollatur in einem Interview sagen, dass er nichts dagegen hätte, den Fingerabdruck in den Personalausweis zu integrieren, dann erstaunt mich seine Naivität maßlos! All diese Kleinigkeiten, all diese Puzzlestücke gehören zu dem großen Knall. Und jede Generation steht dem selbstverständlicher gegenüber. Das Volk gewöhnt sich an diese Veränderungen. Die Hemmschwellen werden immer weiter herabgesetzt und alles wird zu unserem vermeintlichen Wohle gemacht. Sicher! Und wenn dann die Welt in Flammen gesetzt wird, dann werden wir erschrocken feststellen, dass wir in einem Überwachungsssssstaat leben. Den ach so rechtschaffenden und guten Regierungen von heute mögen radikale Regime folgen. Diese können uns dann auf Schritt und tritt verfolgen, nichts geschieht mehr im Stillen, ein Untergrund, eine Resistance, wird dann undenkbar. Hitler hätte jubiliert bei so viel Macht. Und ich sehe sie dann alle Dinge sagen wie: "Das konnten wir damals nicht ahnen" und "Hätten wir das gewusst, dann hätten wir natürlich nicht..."
Ich weiß, dass ich hier nicht mehr so recht hingehöre. Prophezeiungen habe ich abgehakt. Nicht ihre Möglichkeit, nur ihren Stellenwert. Wir haben Indizien und Warnsignale bis zum Erbrechen. Wir wissen – ganz ohne klassische Prophetie – ziemlich genau, woran der Zusammenbruch liegen wird. Und? Wozu nutzen wir dieses Wissen? Wozu nutzt unsere Beschäftigung? Sind wir jetzt irgendwie vorbereiteter? Ist es nicht viel schwerer, wenn die Diktatur erst wieder kommt, sie zu bekämpfen, als jetzt etwas zu machen, um es erst gar nicht soweit kommen zu lassen? Ist es dann zielführend, wenn man immer gleich abqualifiziert wird, als Sozialist (der selbstredend die DDR wieder haben will), als Kommunist (der selbstredend Stalins Regime hier einführen will), als Nationalist (der logischerweise ein Nazi sein muss), als Linker, als Rechter, als sonst was?
Ich weiß nicht, was das Theater soll. Die Opposition zum Zusammenbruch bricht täglich neu zusammen, bis am Ende tatsächlich alles zusammen bricht. Ich könnte mich erbrechen...
Aber nichts für ungut. Ich wollte eigentlich gar nichts zu den Kraftausdrücken sagen. Ich will mich auch nicht an der unsinnigen Frage beteiligen, ob Linke heute besser in den Medien weg kommen als Rechte, oder ob du Johannes bei diesen oder jenen eher mal was durchgehen lässt. Ich würde gerne das lesen, was übrig bliebe, würde man den ganzen Schwachfug aus den Beiträgen subtrahieren. Das meine ich für alle gleichermaßen. Und es muss auch für alle mal ein kreativer oder weniger kreativer Kraftausdruck, PC oder absolut unPC, erlaubt sein, ohne dass der restliche Thread dann anstatt über das gesagte über den Begriff aufgeilt und Stempel verteilt.
Grüße
Mabo