Re: Zivilschutz. Notfallvorsorge.

Geschrieben von Tawa am 01. Oktober 2004 05:19:15:

Als Antwort auf: Re: Zivilschutz. Notfallvorsorge. geschrieben von Guerrero am 30. September 2004 21:13:06:

Morgen,

ob der Abbau / das Schleifenlassen an den 4+2-Verträgen lag, kann ich nicht sagen, entzieht sich meiner Kenntnis. Doch das von Otto beschriebene Symptom gab es tatsächlich! Zu jener Zeit war ich noch aktives Mitglied des Katastrophenschutzes auf Bundesebene.

Gelder wurden gestrichen, der Bundesverband für den Selbstschutz, welcher in erster Linie der Aufklärung und Ausbildung der Bevölkerung diente, mehr oder minder aufgelöst. Jährlich stattfindende 1-3 Tage währende Unterrichte in Schulen sind abgeschafft und teilweise durch einfache Rot-Kreuz-Kurse ersetzt worden. Luftschutzsirenen wurden weitflächig abgebaut. Dies geschah in vielen Fällen in der Form, daß diese in Privatorganisationen (Feuerwehr) und Kommunen überführt und die zentrale Auslösung durch Luftschutzwarten abgebaut wurde. Ausbildungsinhalte sind inhaltlich verändert und verkürzt worden. Zentrale Versorgungszentren mit Hinweis auf die nicht mehr vorhandene Gefahrenlage aufgelöst.

Es begann ein intensiver Umbau des gesamten Katastrophenschutzes und der rechtlichen Voraussetzungen. Vielen Organisationen wurden durch Änderung der Statuten erst einmal die Füße unter dem Boden weggezogen, ihre Existenz stand auf der Kippe respektive war juristisch unklar. Die faktische Schwesternorganisation des Bundesgrenzschutzes (so intern noch in den 80ern gelehrt), das THW, wurde durch eine Änderung der Rechtsform (Aufwertung von der Bundesanstalt zum Bundesamt) zunächst in Bezug auf Gelder, Verkleinerung und Umbau mundtot gemacht. Wir waren immerhin weit über 70.000 Helfer allein in dieser Organisation.

Wie sich der Katastrophen- und Zivilschutz heute darstellt, weiß ich mangels interner Kenntnisse nicht. Damals (Mitte bis Ende der 80er) war er auf alle Fälle weitestgehend auf militärische Auseinandersetzungen ausgerichtet. Es gab bei uns beim THW einen weitgefaßten theoretischen Ausbildungsteil, welcher unter dem Strich folgendes aussagte: Das THW ist eine paramilitärische Schwesternorganisation des Bundesgrenzschutzes; ferner sei das THW in Krisenzeiten vorgesehen zum Tragen von Waffen (in Lagern vorrätig), um im Hinterland eben jene Anlagen sichern zu können, welche in der Praxis durch das THW technisch wieder hergestellt werden.

Ebenso verhielt es sich mit dem militärischen Charakter in kommunalen Katastrophenschutzbereichen: Beispielsweise wurden leitende "Offiziere" (Ausdruck bewußt gewählt aufgrund einer persönlichen Erfahrung) von KatS-Telekommunikationsvermittlungsstellen der Städte regelmäßig dienstlich mit Mitteilungen, z.B. über den Bau von inoffiziellen ABC-Schutzbunkern unter Autobahnkreuzen, informiert. Auch wurde ein intensiver Kontakt zur Bundeswehr gepflegt. Interessant ist, daß die Leiter solcher Stellen (wurde in mittelgroßen Städten in den 70ern noch ehrenamtlich gemacht) intern im Umgang mit der Bundeswehr durch diese berechtigt wurden, militärische Rangabzeichen zu tragen (Beweis habe ich durch den in den 70ern zuständigen ehrenamtlichen Leiter der Vermittlungsstelle Wolfsburg).

Will damit nur sagen, daß die Unterschiede von damals zu heute gewaltig sind. Wie sich der KatS heute darstellt, entzieht sich meiner Kenntnis, doch damals waren wir mit nahezu allen Rechten ausgestattet, welche man sich vorstellen kann. Ich erinnere mich an eine Begebenheit aus meiner Ausbildungszeit: Als "Lehrling" hatte ich im zivilen Einsatz bereits mehr Entscheidungsbefugnis als ein normaler Autobahnpolizist!!! Habe damals eine Machtprobe gemacht und diese gewonnen. Ob sich dies heute auch noch so verhält, möchte ich bezweifeln.

An einem gewaltigen Abbau und einer erst später einsetzenden Umstrukturierung des KatS und ZS damals ist nicht zu rütteln.

Lieben Gruß
Tawa


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