Re: Die alte DDR
Geschrieben von JoeKaiser am 17. August 2004 21:15:39:
Als Antwort auf: Re: Die alte DDR geschrieben von JeFra am 17. August 2004 18:25:31:
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>Die alte DDR hätte man damals komplett übernehmen sollen und einfach das Wort 'sozialistisch' mit 'patriotisch, deutsch, national,..' ersetzen können. Aber ob so ein Staatsgebilde wünschenswert ist? Ich wäre ausgewandert!
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>Kennen Sie denn die DDR aus eigener Erfahrung?Nein, nur vom Hörensagen. Ähnlich gestrickte Staaten habe ich aber selbst bestaunen dürfen. Dabei bekam ich eine leichte Allergie gegen Rot.
(Cool war allerdings Radio Tirana, ich frage mich heute wie es damals manche Deutsche dort verschlagen konnte. Cool im Sinne von Absurd.)
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>Übrigens müssen Sie doch nur nach Singapur gehen, um eine ähnliche Politik zu bestaunen, die sogar noch ein Stückchen radikaler ist. Wenn Sie in Singapur Ihren Hund gassi führen und nicht aufpassen, wo der das Bein hebt, müssen Sie meines Wissens damit rechnen, zum Säubern der Straße verurteilt zu werden (soweit OK) und dann in der Zeitung bei dieser Tätigkeit abgebildet zu werden, mit voller Angabe von Name und Adresse. Ich gebe zu, daß das vielleicht Propaganda der Systemmmedien bei uns ist, denn ich habe die Straits Times während der SARS-Zeit täglich im Netz gelesen und nie so einen Artikel gefunden. Es kann aber auch sein, daß die Straits Times sich im Netz mehr zurückhält als in der Druckausgabe. In der DDR-Presse wurde durchaus bei der Berichterstattung über Verbrechen versucht, den Verbrecher als totalen Idioten darzustellen. Ich habe die Prozeßberichte in der Zeitung deshalb ganz gern gelesen, denn die waren oft sehr humorvoll. Aber der Name des Verurteilten wurde nie preisgegeben. Wenigstens insofern ist Singapur radikaler als die DDR. Denselben Eindruck hat man, wenn man formal die Gesetze vergleicht, wobei man freilich lange über den Unterschied zwischen Realität und theoretisch bestehender Rechtslage in der DDR spekulieren könnte.
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>Ich kann mir kaum vorstellen, in Singapur leben zu wollen, aber vielen Westlern scheint es dort zu gefallen. Sicher ist das System autoritär, aber die wirklich zukunftsweisenden Entscheidungen können Sie doch bei uns so wenig beeinflussen wie in Singapur. Und eher unpolitische Typen sagen dann, lieber ein autoritäres System, das funktioniert und dem Bürger ein gewisses Maß an Sicherheit garantiert. Im Grunde ein trauriger Kommentar darauf, daß die Leute entweder nicht an das reale Vorhandensein politischer Freiheit im Westen glauben oder daß ihnen diese Freiheit egal ist.
>Habe Kollegen in Singapur, dort ist nichts mit Kaugummi-Essen und Rauchen auf der Strasse, würde gerne manche rauchenden Nationalpatrioten hier sehen wenn im Sinne der Luftreinhaltung und Körperertüchtigung zum Wohle des Volkes das Rauchen verboten würde. Dann würde sich mancher doch lieber mehr Anarchie wünschen. Mir persönlich es fast egal wo ich lebe (muss eh den ganzen Tag arbeiten), aber ob man ein System autoritär empfindet hängt weniger von Politik ab, sondern ob das System persönliche Vorlieben einschränkt. Einem Kriminellen dürfte sowenig Staat wie möglich lieber sein während jemand anderem schon die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Autobahn ein Eingriff in die persönliche Freiheit ist, wogegen einem alten VW-Käfer Fahrer die 100 km/h Beschränkung NIE als Einschränkung empfinden kann weil er es max 100 km/h fahren kann.
Mich persönlich stört es sehr wenn ich Nachts auf den Strassen nicht sicher unterwegs sein kann und deswegen vermehrte Polizei-Präsenz befürworte. Aber deswegen bin ich kein befürworter autoritärer Systeme, denn es könnte ja passieren daß meine persönlichen Vorlieben dann eingeschränkt werden und man mir im Sinne der Verbrechensbekämpfung den Aufenthalt nach 22Uhr ohne zwingenden Grund untersagt. Mit einem Ausgehverbot ab 22Uhr hätten wir definitiv sichere Großstädte ! Das fehlt noch im Parteiprogramm.
>MfG
>JeFraGriß, Joe