Antisemitischer Überfall bei Paris nur erfunden

Geschrieben von HotelNoir am 18. Juli 2004 12:45:49:

Als Antwort auf: Nachrichten 18.7.2004 (o.T.) geschrieben von Napoleon am 18. Juli 2004 11:22:12:

Paris (AP) Der angebliche antisemitische Überfall auf eine junge Mutter in einer Pariser S-Bahn war reine Erfindung. Das vermeintliche Opfer gestand der Polizei die Lüge, verlautete am Dienstagabend aus Polizeikreisen. Fehlende Zeugenaussagen und die Auswertung von Überwachungskameras weckten das Misstrauen der Ermittler gegenüber den Aussagen der Frau, die eine Welle der Empörung in Frankreich ausgelöst hatten.

Die 23-Jährige wurde am Dienstag in Polizeigewahrsam genommen und verhört. Sie hatte zunächst erklärt, am Freitag von sechs Jugendlichen aus dem Maghreb und Afrika überfallen worden zu sein. Die Täter hätten sie als "dreckige Jüdin" beschimpft, weil in ihren Papieren eine frühere Adresse im reichen 16. Pariser Arrondissement vermerkt sei, ihr Hakenkreuze auf den Bauch geschmiert und beim Aussteigen den Kinderwagen mit ihrer 13 Monate alten Tochter umgestoßen. 20 Reisende hätten weggeschaut und ihr nicht geholfen.

Der Sprecher der Sozialistischen Partei, Julien Dray, warf Staatspräsident Jacques Chirac vor, der Frau mit seiner raschen und unzweideutigen Reaktion am Samstag Glaubwürdigkeit verschafft zu haben. Er müsse sich fragen lassen, warum er sich nicht die Zeit für die notwendige Prüfung der Angaben genommen habe. Premierminister Jean-Pierre Raffarin hatte dem vermeintlichen Opfer einen Brief geschrieben, die Frau wurde zudem von einer Staatssekretärin empfangen.

Polizeigewerkschafter Mauduit berichtete, noch immer hätten sich keinerlei Zeugen des angeblichen Überfalls in der S-Bahn (RER) am Freitag gemeldet. Dabei sollen rund 20 Passagiere den Vorfall gesehen haben. Die 23 Jahre alte Marie habe zudem angegeben, sich nach dem Aussteigen an Mitarbeiter der Bahn gewandt zu haben, doch niemand erinnere sich an die Frau. Die Auswertung der Überwachungskameras aller Stationen der RER-Linie D habe keinerlei Hinweise auf den Vorfall ergeben. "Es gibt so viele Unstimmigkeiten und Widersprüche zwischen dem, was Marie erzählt und den Ermittlungen, dass die Polizisten zweifeln", sagte der Polizist.

Eine ihrer Freundinnen habe ausgesagt, dass Marie einen Hang zum Fabulieren und Erfinden von Geschichten habe. "Le Figaro" zitierte eine Bekannte, dass die junge Frau bisweilen von einem Ereignis der Tagesaktualität oder einer Erzählung im Freundeskreis derart gefesselt sei, dass sie sich schließlich selber darin verwickelt glaube. Ihre Freunde und Bekannten machten sich darüber lustig, sagte die Frau, die ihren Namen nicht veröffentlicht sehen will. "Ich glaube, dass die Geschichte zu 99,9 Prozent komplett erfunden ist."

Die 23-Jährige gab an, von sechs Jugendlichen aus dem Maghreb und Afrika überfallen worden zu sein. Die Täter hätten sie als "dreckige Jüdin" beschimpft, weil in ihren Papieren eine frühere Adresse im gehobenen 16. Pariser Arrondissement vermerkt war, eine Haarlocke abgeschnitten, ihr Hakenkreuze auf den Bauch geschmiert und beim Aussteigen den Kinderwagen mit ihrer 13 Monate alten Tochter umgestoßen.

Seit dem Wochenende hatte die gesamte politische Klasse Frankreichs mit Staatspräsident Jacques Chirac an der Spitze den angeblich antisemitisch motivierten Überfall verurteilt und die Franzosen zu Zivilcourage aufgerufen. Noch am Montagabend beteiligten sich hunderte Demonstranten an zwei Kundgebungen gegen Antisemitismus und Rassismus.
Ähnliche Fälle auch in Guben und Potsdam

Im brandenburgischen Guben gab Ende 2002 eine 14-Jährige vor, Unbekannte hätten ihr ein Hakenkreuz ins Gesicht geritzt. Schließlich gab sie zu, sich die Verletzungen selbst zugefügt zu haben. Im Oktober 1994 erregte der Fall einer damals 34 Jahren alten Frau für Aufsehen, die fälschlicherweise angab, in Potsdam von drei Skinheads aus einer vollbesetzten Straßenbahn gestoßen worden zu sein.

In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren mehrere Fälle, in denen rassistische Übergriffe vorgetäuscht wurden. So erklärte 1994 eine 17 Jahre alte Rollstuhlfahrerin in Halle, Skinheads hätten ihr ein Hakenkreuz in die Wange geritzt. 10.000 Menschen demonstrierten gegen Fremdenfeindlichkeit, bevor das Mädchen die Lüge gestand.

© 2004 The Associated Press




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