Sarazenen in GR: Humbug??
Geschrieben von Swissman am 06. Juli 2004 03:17:37:
Als Antwort auf: Link zum einfachen surensuche geschrieben von JoeKaiser am 05. Juli 2004 15:33:10:
Hallo JoeKaiser,
>Für Napo: auf der HP wird auch auf die angeblichen Plünderungen der Sarazenen in der Schweiz eingegangen, alles Humbug gggDie offizielle Homepage der Stadt Chur berichtet sogar von zwei Sarazeneneinfällen, in den Jahren 940 und 954, von denen Chur betroffen war. Der Ghazzawat von 936 sowie die sarazenische Präsenz im Wallis werden auch von der Universität Luzern bestätigt.
Diese Schweizer-Geschichte-Homepage listet folgende Sarazenenzüge auf: 920 Wallis, 936 Rätien, 940 St. Maurice, 955 Rätien. Schliesslich und endlich kann man auf der Website des Klosters Disentis nachlesen, dass das Kloster im Jahr 940 von den Sarazenen zerstört worden ist.
Alles Humbug, ja??
Falls Du einmal Gelegenheit hast, auf der N13 in Richtung Chur zu fahren, empfehle ich Dir, sobald Du den Rhein überquert hast, den Blick gelegentlich nach links und rechts schweifen zu lassen: Es wird Dir nämlich auffallen, dass das Tal von einer ganzen Anzahl Burgruinen und Türmen flankiert wird, die ursprünglich in den meisten Fällen dem Schutz vor Sarazeneneinfällen dienten.
Dass die Sarazenen im Gebiet des San Bernardino während einiger Jahrzehnte einen Vorposten unterhielten, entspricht erwiesenermassen den Tatsachen. - Wenn ich der Webmaster von islam.ch wäre, würde ich dies allerdings nach Möglichkeit verschweigen, da dieser Sachverhalt zweifellos nicht dazu geeignet ist, die auf Schweizer Seite angeblich vorhandenen "Vorurteile" zu beseitigen. - Anzunehmen ist eher das Gegenteil, sind dem Schweizer doch "fremde Fötzel", die das Bedürfnis haben, sich hierzulande als Herren aufspielen zu müssen, seit jeher, mit Recht, zutiefst verhasst.
Die angeblich arabische Herkunft von Schweizer Orts- und Flurnamen möchte ich hingegen doch stark bezweifeln: Orts- und Flurnamen haben die starke Tendenz, sich ungeachtet aller Völkerwanderungen und Eroberungszüge zu halten. - Es ist überhaupt nicht einsichtig, warum die Schweizer die von den Sarazenen benutzten Namen hätten übernehmen sollen. Allein schon deswegen, weil sich die gegenseitigen Kontakte überwiegend auf dem Feld der Ehre abgespielt haben dürften.
Tatsache ist doch, dass die Sarazenen bei den Schweizer Berglern auf ein Volk von wehrhaften, stolzen Kriegern gestossen sind, die den Tod der Knechtschaft vorzogen. Zeitgenössische Quellen betonen immer wieder die Todesverachtung und die wilde, unbändige Kampfeswut, mit der die Schweizer Krieger über ihre Feinde herzufallen pflegten - gegnerische Chronisten, die die Schweizer in Aktion gesehen und dies überlebt hatten, bezeugten, dass es keinen schrecklicheren Anblick gebe, als einen eidgenössischen Gewalthaufen, der geschlossen niederkniet, um das "Gebet mit zertanen Armen" zu sprechen (das Schlachtgebet wurde, dies eine Schweizer Eigentümlichkeit, traditionellerweise mit in Kreuzform ausgebreiteten Armen gesprochen).
Die schreckliche Erhabenheit dieses Anblickes rührte daher, dass es allgemein bekannt war, dass die Männer, sobald sie "Amen" gesagt hatten, aufstehen und gleich einer Naturgewalt losstürmen würden. - Da sie mit dem Leben abgeschlossen hatten, griffen sie selbst nach schwersten eigenen Verlusten immer noch weiter an.
Hinzu kam, dass die Eidgenossen zwei Arten von Krieg kannten: Den "guten Krieg" und den "bösen Krieg" - Der "gute Krieg" ist das, was man sich gemeinhin unter einem Krieg vorstellt. Im Gegensatz dazu nahm der "böse Krieg" weitaus radikalere Formen an: Während eines "guten Krieges" kam es gelegentlich vor, dass die Schweizer Gefangene nahmen. Wenn aber ein "böser Krieg" erklärt worden war (dies war üblicherweise dann der Fall, wenn man auf eigenem Boden kämpfen musste), schworen Krieger einen Eid, in dem sie sich verpflichteten, unter keinen Umständen Gefangene zu nehmen. Zudem verpflichteten sie sich, jeden als Verräter anzusehen, der dabei erwischt wurde, wie er Pardon gab. Wer Zeuge eines solchen Vorfalles wurde, war eidlich dazu verpflichtet, den Verantwortlichen umgehend zu töten, anderenfalls er selbst als Verräter anzusehen wäre.
Das Konzept des "bösen Krieges" ist mit Sicherheit älter als die Eidgenossenschaft. - Der Kampf gegen die Sarazenen fiel mit absoluter Sicherheit in diese Kategorie. Es ist daher meiner Meinung nach in höchstem Masse unwahrscheinlich, dass sich arabische Orts- und Flurnamen hätten halten können.
mfG,
Swissman (El Batellador)
- Re: Sarazenen in GR: Humbug?? JoeKaiser 07.7.2004 10:15 (0)