Der Zorn der Hinterbliebenen - Angriffe auf Reporter

[ Prophezeiungen & Aktuelles Weltgeschehen ]

Geschrieben von Freddie am 10. Dezember 2001 20:45:04:


Der Zorn der Hinterbliebenen - Angriffe auf Reporter

Das die Lage der Flüchtlinge in Afghanistan verzweifelt ist, lesen wir seit
Beginn des Krieges. Dabei ist selbst dies schon eine Beschönigung der Dinge –
denn Flüchtlingslager (ob nun in Quetta, Peschawar oder im Iran) gibt es im
wahrsten Sinne des Wortes massenweise schon seit mehr als einem Jahrzehnt.

Den Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben ?

Die Flüchtlingswelle wurde dabei ausgerecht von denen ausgelöst, die nun wieder
um die Macht kämpfen – die zerstrittenen Stämme und Fraktionen der Nordallianz,
oder wie sie sich seit einiger Zeit nennen, „United Front“ (Vereinigte Front),
deren Name nur noch Makulatur ist. Deshalb mischt sich bei denen, die geblieben
sind, wie auch bei den Flüchtlingen in die Freude über das Ende der Taliban-
Herrschaft ein erheblicher Wermutstropfen aus Angst vor den Warlords,
Unsicherheit über die Zukunft – und vor allem Zorn.

Zorn über die vielen Toten durch das Bombardement der Amerikaner, deren Ladung
immer wieder ihr Ziel verfehlt und Unschuldige trifft. Die Überlebenden landen
oft in den Flüchtlingslagern, und hier staut sich dieser Zorn explosiv auf.
Dazu kommen die Fernsehbilder von exekutierten Taliban, denen die Hände auf den
Rücken gebunden waren. Der Hass auf die Amerikaner ist hier, nur wenige
Kilometer von Kandahar entfernt, hat deutlich Fuss gefasst. Der Hunger und das
Überleben in Zelten bei Temperaturen um den Nullpunkt tragen das ihre dazu bei.

Der Zorn der Hinterbliebenen

Nur so sind die folgenden Erlebnisse von Robert Fisk nachzuvollziehen. Denn
der Berichterstatter für den britischen THE INDEPENDENT, einer der
erfahrendsten und anerkanntesten Korrespondenten überhaupt, bekam den Zorn der
Hinterbliebenen am eigenen Leibe zu spüren – und überlebte nur knapp.

Fisk, der vor allem durch seine Reportagen über die Massaker in den
palästinensischen Flüchtlingscamps Sabra und Shatila bekannt wurde, ist seit 25
Jahren in der Region zu Hause. Er kannte also die Gefahren, die auf ihn
lauerten, doch gab er selbst zu, bei den vielen Freundlichkeiten, die ihm und
seinen Begleitern entgegengebracht wurden, nicht sofort an das Schlimmste
gedacht zu haben. Zusammen mit einem weiteren Korrespondenten, dem Fahrer und
einem Übersetzer war er von Pakistan kommend bei Kila Abdullah über die
afghanische Grenze gefahren.

Kurz vor Sonnenuntergang blieben die vier mit ihrem Jeep liegen. Zunächst, so
Fisk, hätten sich nur ein paar Menschen um sie versammelt – und man tauschte
freundlich ein „Salaam Aleikum“ (Friede sei mit Dir) aus. Doch nach kurzer Zeit
wurde den Gestrandeten klar, dass sie sich den schlechtesten Zeitpunkt und den
ungünstigsten Ort für den Autoschaden ausgesucht hatten.

Steine für die "Befreier"

Binnen Sekunden schlug die Stimmung in abgrundtiefen Hass um. Ein kleiner Junge
fragte den afghanischen Fahrer mit vollem Ernst: „Ist das Mr Bush?“ Dann
begannen zunächst kleine Steine auf die Europäer zu fliegen. Einige aus der
schnell wachsenden und immer bedrohlicher werdenden Menge zerrten an den
Taschen der beiden. Wenig später, berichtet Robert Fisk, spürte er Fäuste im
Gesicht, und wie ihm jemand in den Rücken trat.

Er selbst beschreibt seine Verwunderung, trotz der massiven Gewalt, die ihm in
den folgenden Minuten widerfuhr und der er nur durch einen Akt der Gnade eines
Fremden entkam, den auf ihn einschlagenden Menschen keine Rachegefühle
entgegenbringen kann. Fisk sieht sich als ein Symbol der Angreifer, nicht aber
persönlich angegriffen.

Von mehreren Steinwürfen getroffen, konnte Fisk sich kaum gegen die Angreifer
wehren, die mit Steinen in der Hand auf seinen Kopf einschlugen, bis das Blut
ihn „wie Lady McBeth“ völlig überströmt hatte. „Je mehr ich blutete, desto
größer wurde die Menge und nahmen die Fausthiebe zu“ erinnert sich Fisk, und
fährt fort: „Ich denke an dieser Stelle sollte ich meinen Erfahrungen im
Libanon danken. 25 Jahre haben ich über die Kriege im Libanon berichtet und die
Libanesen haben mir beigebracht, immer und immer wieder – wie man überlebt:
Fälle eine Entscheidung – egal welche – aber steh nicht rum und mache NICHTS.“

Hilfe in der Not

Seine Brillen zerschlagen, und am Rande des Bewusstseins, konnte sich Fisk mit
Fausthieben von seinen überraschten Angreifern befreien, solange zumindest, bis
er plötzlich am Arm gepackt wurde. Ein Fremder, älterer Mann, mit langem Bart –
vielleicht ein Mullah aus dem Dorf, meint Fisk – zog ihn zur Seite, und bot ihm
Hilfe. Er brachte den schwer verletzten Reporter zu einem Polizeiwagen, doch
wollten die Polizisten ihnen nicht helfen. Die Menge war noch immer hinter
ihnen her. Erst ein mehrere hundert Meter entfernter Krankenwagen des Roten
Kreuzes/Roten Halbmondes bot ihm Schutz und die Rettung: Zwei Sanitäter aus
Bangladesh kümmerten sich um die Wunden und brachten Robert Fisk aus der
Gegend.

Der Zorn der des „schmutzigen Krieges“ überdrüssigen Afghanen, wie Fisk es
beschreibt, habe ihn erfahren lassen, das der „Krieg gegen den Terror“ für
dieses gepeinigte Volk nun schon einen zynischen Charakter trägt. Denn die
Angriffe der USA werden hier inzwischen als Terror verstanden.

Anmerkung:

Nun, bevor mir jemand etwas unterstellt: Ich heiße den Angriff
auf den Reporter nicht im Geringsten gut. Vorwort Ende ;-)

Frieden läßt sich nicht herbeibomben. Statt dessen muß der Nährboden,
der immer wieder Haß, Wut und Terrorismus gedeihen läßt, trocken gelegt
werden. Am einfachsten geschieht dies durch eine gerechte Weltwirtschaft,
in der jeder ein Stück vom Kuchen bekommt und nicht nur ein paar Wenige
die Torte ganz für sich alleine beanspruchen.

Dass durch das Bomben, welches ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Sinn und
Verstand erfolgte, nur noch mehr Haß gesät wurde dürfte jedem einigermaßen
klar denkenden Menschen einleuchten. Die (Anti-)Terrorkarawane wird wohl nun
bald weiterziehen. Afghanistan ist am Boden zerstört, (natürlich von der Luft
aus; hat eigentlich schon jemals einer einen Amerikaner am Boden kämpfen sehen?)
Bin Laden und Omar sind jedoch noch immer auf freiem Fuß. Wobei das eigentlich
egal ist, sind beide doch nur Symbolfiguren. Sind sie tot sucht sich die Menge einen neuen Führer, der den Sieg über den "Großen Satan" verspricht.
Da die Weltpolitik momentan unter dem Motto "Krieg ist Frieden" steht und die Mehrheit der Bevölkerung diese scheinbar simple Formel auch noch glaubt fange ich jetzt ernsthaft an meinen Bunker einzurichten.



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