Re: Frage

Geschrieben von JeFra am 17. Mai 2004 08:55:17:

Als Antwort auf: Frage geschrieben von franke43 am 14. Mai 2004 13:42:55:


Stand nicht ausgerechnet die vielgeschmähte 68-er Kulturrevolution FÜR maximale individuelle Freiheit und GEGEN repressive Massnahmen, zu denen ja die Folter im höchsten Grade gehört ?

Sicher haben die 68iger teilweise versucht, ihre Revolte so zu verkaufen. Aber wer sich auf Mao, Lenin und Trotzki beruft, sollte besser von individueller Freiheit schweigen. Und die heute in Amt und Würden befindlichen 68iger machen mir auch nicht gerade den Eindruck von Verteidigern der individuellen Freiheit. Meiner Meinung nach bestand die Wirkung der 68iger Kulturrevolution vor allem in einer Senkung des Bildungsniveaus sowie im Abbau der letzten Hindernisse für die Vermarktwirtschaftlichung aller Aspekte des menschlichen Lebens. Ich gebe zu, daß man einen Teil dieser Hindernisse auch als Einschränkungen der persönlichen Freiheit betrachten kann und daß mache 69iger vielleicht in der Tat subjektiv ehrlich geglaubt haben, für die persönliche Freiheit zu kämpfen.


Zum Teil ist es wohl auch so, daß des die Freiheit nicht gibt, sondern nur die Freiheit geben kann, bestimmte Dinge zu tun oder zu lassen. Beispielsweise Pressefreiheit, Freiheit des Waffenbsitzes etc. Ich empfinde nun mal nicht Bedürfnis, Haschisch zu rauchen, mit einem Mao-Bild auf dem Pulli durch die Stadt zu spazieren oder mit Männern ins Bett zu gehen. Und die Freiheit des Waffenbesitzes ist seit 68 ständig eingeschränkt worden. Dasselbe gilt auch für die Meinungsfreiheit, wenigstens für die Meinungsfreiheit derer, die deutsche Interessen vertreten.


Ich gebe zu, daß wir uns damit etwas vom Thema `Folter' entfernt haben. In diesem Zusammenhang sehe ich es aber nicht als einen besonderen Mißstand an, wenn (um mal ein von Hunter gebrachtes Beispiel aufzugreifen) jemand wie Marc Dutroux gefoltert würde, um Auskunft über den Verbleib eventuell noch am Leben befindlicher Entführunsopfer zu erfahren. Oder irgendein moslemischer Terrorist, von dem man sicher weiß, daß er irgendwo in der Kölner Innenstadt eine Nervengasbombe deponiert hat. Das Problem sehe ich hier darin, daß fremde Länder überfallen werden und in diesem Zusammenhang Folter gegen die Widerständler gebraucht wird, wobei ich fürchte, daß man letztlich ähnliche Methoden auch gegen die politische Opposition im Westen gebrauchen wird. Aber gerade was eine Diktatur angeht, die mit plumper, an die primitivsten Instikte apellierender Propaganda arbeitet, so hat die 68iger Kulturrevolution durch die Senkung der Bildungsstandards sowie durch die Errichtung zahlreicher Tabus und Denkverbote einer solchen Politik meiner Meinung nach eher Vorschub geleistet.


Gruss
JeFra


Antworten: