GNOSIS - Definition
Geschrieben von Elias am 07. Dezember 2001 14:49:26:
Als Antwort auf: GNOSIS geschrieben von Elias am 07. Dezember 2001 09:00:56:
Weil sicher viele mit dem Begriff "Gnosis" nicht anzufangen wissen und nur eine unscharfe Vorstellung davon haben, hier mal eine Definition.
Mein Weltbild unterscheider sich in folgenden Punkten von dieser Gnosis-Definition:
1.) Ich halte ein rationales Erfassen für möglich. Deshalb versuche ich es rational zu vermitteln.
2.) Ich sehe in Chritus keine Entmischung des Lichts mit der Materie, sondern eine bewußte und gezielten Verbindung im Gegensatz zu einer unbewußten und ziellosen Vermischung.
Gnosis (griech. Erkenntnis)
Bei Platon ist Gnosis Erkenntnis des wahrhaft Seienden, manchmal bedeutet der Begriff auch "Wissenschaft" als
Voraussetzung für rechtes Handeln.
Ausstrahlung auf den ganzen Mittelmeerraum, Verbindung mit orientalischen Anschauungen - in Ägypten (griechische
Übersetzung des Alten Testamentes / Septuaginta / LXX):
Gnosis = Kenntnis des Lebens und seiner Gegebenheiten
Gnosis = Erkenntnis Gottes als Ewige Weisheit für den MenschenIm Neuen Testament: eine Gabe des Heiligen Geistes, die den menschlichen Geist ergreift, und den Gläubigen am Geheimnis
Jesu teilhaben lässt. Gnosis ist hier Erkenntnis der christlichen Heilswahrheit.Nachantike, nicht(-nur)christliche Gnosis:
Spekulativ-mystische Denkweise mit jüdischen, christlichen, persischen, babylonischen, ägyptischen und griechischen Elementen.
Weisheitslehre, die nicht rational-wissensmäßig vermittelt werden kann,
die aber Erlösung spendet.
Gnosis ist weniger intellektuelle Erkenntnis als vielmehr plötzliche Wahrnehmung, mystische Schau. Sie ist das Vernehmen eines Rufs, der neue Erkenntnis eröffnet
und durch sie Erlösung bringt, Befreiung des Ich von den Fesseln der Welt.
Die Gnosis will die Antworten auf alle Fragen über Gott und die Welt intuitiv erfassen. Sie ist im Unterschied zur systematisch rationalen Theologie und Philosophie
mehr ein intuitives "Erfahren und Schmecken des Geistes".
Während die Philosophie Erkennen und Wirklichkeit trennt, will die Gnosis eine einheitliche Schauung eröffnen und im Gegensatz zu den Naturwissenschaften die
innere Schau der Zusammenhänge finden.
Für die Kirche war die Gnosis eine gefährliche Ketzerei, welche die christlichen Heilsgeschehnisse einzuschmelzen drohte
und vergeistigend umdeutete:Der Kosmos sei von unzähligen Geistwesen durchwaltet, über denen die Welt der Ideen und darüber der himmlische
Logos samt seinem Urheber, Gott, thronen.
Gott ist als reiner Geist, als das Gute, der Materie, dem Bösen entrückt.
Aus Gott sind in Emanationen die Sonnen hervorgegangen, wodurch sich das Lichtreich mit der Materie vermischte.
Keine wirkliche Menschwerdung des Gott-Sohnes: Im Ion des Logos (Christos) vollzieht sich die Entmischung des
Lichtes aus der Materie, die Erlösung.
Der Logos lehrt den der Materie unterworfenen Menschen den Weg des Aufstiegs. Die G. ist das Wissen um die Stufen
des Aufstieges, den der Mensch kraft seiner Geisteskräfte u. durch die Ausscheidung alles Materiellen vollzieht:
vom fleischlichen (Hyliker) über das seelische (Psychiker; auch Pistiker = einfacher Gläubiger) durch Einweihungen
zum geistigen Wesen (Pneumatiker).Gnostische Theologen wollen die Theologie nicht als einen auf äußere Autorität gestützten Volksglauben, sondern als
intutive (wissenschaftliche) Ergründung des Evangeliums verstanden haben.Gnostische Vereinigungen hatten eigene, geheimzuhaltende kultische Riten. Geheime Traditionen (oft auf Jesus und die
Apostel zurückgeführt) spielten eine große Rolle. In den gnostischen Ritualen wurde teilweise auch die spätere Entwicklung
des geistbezogenen Christentums vorausgenommen.Die Gefahr unheilbringender Gnostik (Zerstörung der Realität!) wird von gewissen rational gläubigen Autoren überall
gesehen: in Reformation und Puritanismus ebenso wie in neuzeitlichen Philosophien (z.B. bei Joachim von Fiore, Hegel,
Marx, Nietzsche, Heidegger), im Kommunismus, Nationalsozialismus ebenso wie in Positivismus, Liberalismus und vor allem
der Psychoanalyse. Es ist letzlich die Gefahr der Individualisierung der Wahrheitssuche, die Loslösung vom Glauben an
Autoritäten:
der gnostische Mythos handelt, sowohl in religiösen wie atheistischen heilsgeschichtlichen Dramaturgien, vom Fall, der
Verblendung und schließlich dem Wiedraufstieg der Seele (Ich, Selbst) dank der Einsicht in die Göttlichkeit des eigenen
Selbst. So sei z.B. der Zweck der Lehren des marxistischen oder anarchistischen Sozialismus, dem Menschen die
Auseinandersetzung mit der Realität zu erleichtern, indem sie ihn davon zu überzeugen vermag, daß das Wertwidrige im
Rahmen eines Heilsgeschehens notwendig sei, aber ebenso notwendig überwunden werden müsse.Gnostizismus = die einzelnen Systeme der Gnosis.
In seinen Wurzeln älter als das Christentum, blüht er im 2. Jh. n.Chr.. und geht im 3. Jh. im Manichäismus auf.
Die ältesten Gnostiker sind u. a. Simon der Magier und Menander, beide aus Samaria.
Die späteren Systeme:
- alexandrinische Gnostik von Basilides und Valentinus, der das kunstvollste gnostische System aufbaute
- syrische Gnostik von Saturninus, Tatian, Julius Cassianus, Marcion, Karpokrates u. a.
erhaltenen Handschriften der Gnostik: u.a. die "Pistis Sophia", die beiden Jeu-Bücher, die 1946 u. a. gefundene
"Botschaft der Wahrheit" aus der Schule des Valentinus
gnostische Lehren in den Schriften der gegen sie auftretenden Kirchenväter:
etwa bei Justin, Irenäus, Tertullian, Hippolyt
theologisch-christliche Lehren im Zusammenhang mit den gnostischen Systemen:
etwa bei Klemens von Alexandrien und bei Origenes
später wird Gnosis mit Religionsphilosophie gleichgesetzt und erscheint als immer wieder durchbrechende Strömumg in
der europäischen Geistesgeschichte:
- Mittelalter: Albigenser, Spiritualen
- Neuzeit:
- - verschiedene Spielarten des "Geistchristentums"
- - Theosophie (theosophische Sekten in Südfrankreich: "gnostische Kirche"),
- - Anthroposophie (Rudolf Steiner: "Lucifer-Gnostik", Zeitschrift, 1903-08)