Die Mär von der "unmöglichen" Freisetzung beim Gen-Mais
Geschrieben von Templar am 06. Dezember 2001 14:37:43:
Fremde Gene auf dem LandeUnbemerkter Gentransfer beim Mais
Manchmal kommt es anders, als man denkt, auch in der
Wissenschaft. Denn eigentlich wollten David Quist und Ignacio
Chapela von der University of California in Berkeley (USA) im
Herbst letzten Jahres nur einen Workshop vorbereiten, um
Vertretern der Landbevölkerung im mexikanischen Gliedstaat
Oaxaca das erforderliche Wissenzur Einrichtung eines
molekularbiologischen Labors zu vermitteln. Doch ein letzter
Test des Erbguts bestimmter Maissorten ergab, dass diese
gentechnisch verändert waren. Diese Befunde überraschten, denn
die Forscher hatten keinen Gentech-Mais untersucht, sondern
herkömmlichen Mais, der von abgelegenen Feldern im Bergland
des mexikanischen Gliedstaates stammte.Bei ihren Experimenten verwendeten die Forscher die
Polymerasekettenreaktion (PCR), umDNA-Abschnitte
nachzuweisen, die normalerweise nur in Gentech-Mais
vorkommen. Die grosse Empfindlichkeit der PCR machte es
jedoch erforderlich, neben dem eigentlichen Probenmaterial eine
Reihe von Kontrollen zu analysieren, das heisst Mais, der nicht
gentechnisch verändert worden war. Die Wissenschafter waren
davon ausgegangen, dass der fernab von kommerziellen
Maisfeldern geerntete «Criollo-Mais» zusammen mit Maiskörnern,
die bereits im Jahr 1971 geerntet worden waren, die ideale
Kontrolle darstellen müsste. Sie erwarteten daher ein negatives
Ergebnis. Doch stattdessen entdeckten sie indem Landmais
neben dem Gen, das die Bauanleitung für das als Insektizid
wirkende Bt-Toxin enthält, auch bestimmte sogenannte
Promotor- und Terminatorabschnitte. Diese sind Bestandteile der
«Genfähren» und sind nach erfolgreichem Gentransfer ebenfalls
im Erbgut transgener Pflanzen vorhanden, wo sie für die
korrekte Umsetzung eines übertragenen Gens sorgen. Die
Übertragung von Genen des Gentech-Maises auf Landsorten
muss zudem mehrfach und unabhängig voneinander geschehen
sein, da die Fremdgene an unterschiedlichen Stellen des
Landmais-Genoms nachgewiesen wurden.Wie der unerwünschte Gentransfer vonstatten gegangen sein
kann, ist den Forschern rätselhaft, da in Mexiko seit 1998 ein
Anbaustopp für Gentech-Mais besteht. So wäre es denkbar,
dass die übertragenen Gene auf dem Land bereits länger
vorhanden sind. Dies ist insofern verwunderlich, als man davon
ausgeht, dass der relativ schwere Maispollen nicht über grosse
Strecken durch Wind verbreitet werden kann. Doch damit nicht
genug: Die Region kann als eine «Wiege des Maises» bezeichnet
werden, wo nicht nur der Übergang von der Wildpflanze zur
Nutzpflanze erfolgte, sondern auch heute noch zahlreiche, an
ihren Standort optimal angepasste Landsorten angebaut
werden. Sie stellen ein grosses Genreservoir dar, das
Maiszüchter nutzen, um beispielsweise nach Resistenzgenen
gegenüber Schädlingen zu suchen.Dass ihre Ergebnisse nicht einen Einzelfall darstellen, sondern mit
zunehmender Nähe zur kommerziellen Landwirtschaft die
Übertragung von Genen des Gentech-Maises auf herkömmliche
Sorten häufiger auftritt, als bisher angenommen wurde, davon
ist Ignacio Chapela überzeugt. Er plädiert deshalb dafür, durch
Langzeitstudien die Bedrohung der natürlichen Genbanken genau
zu untersuchen. Im Unterschied dazu zeigt man sich beim
Agrobusiness-Unternehmen Syngenta nicht beunruhigt.
Genetische Veränderungen haben laut Arthur Einsele auch zur
Diversität von Nutzpflanzen geführt. Das Problem des Pollenflugs
seischon seit längerem bekannt und Teil der Risikoabschätzung,
die mit der Freisetzung von Gentech-Pflanzen verbunden ist. Und
bei anderenKulturpflanzen müsse von Fall zu Fall entschieden
werden, ob eine ungewollte Genübertragung überhaupt möglich
ist und welche Konsequenzen dies haben könnte.Daniel Dreesmann
Quellen: Nature 414, 541-543 (2001),
www.berkeley.edu/news/media/releases/2001/11/29_corn.html,
www.cimmyt.cgiar.org/whatiscimmyt/init_test.htm
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- Genetische Uhr Narada 06.12.2001 15:54 (0)