Re: Beide Seiten.

Geschrieben von Swissman am 22. April 2004 02:16:39:

Als Antwort auf: Beide Seiten. geschrieben von Guerrero am 21. April 2004 21:09:41:

Hallo Guerrero,

>Im September 1940 begannen die Bombenangriffe auf London und andere
>englische Städte. Kannst du nachlesen im OKW.

Auch wenn es gegen jegliche "Political Correctness" verstösst: Mit dem Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung haben tatsächlich die Allierten begonnen. Berlin wurde erstmals in der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 1940 durch eine einzelne französische Maschine angegriffen. Am 25 August 1940 flog erstmals eine geschlossene Formation von 50 englischen Bombern ein und warf mehrere Dutzend Tonnen Bomben auf Berlin. Von nun an steigerte die RAF die Frequenz zusehends; im Herbst 1940 herrschte in Berlin durchschnittlich jede dritte Nacht Luftalarm.

Der erste britische Bombenangriff auf zivile Wohngebiete erfolgte in der Nacht auf den 12. Mai 1940, als 35 Bomber Mönchengladbach angriffen (am 11. Mai war Winston Churchill in Downing Street 10 eingezogen). Die Wirkung war zwar (noch) minimal, aber die Absicht zählt.

Die zeitliche Nähe zu Winston Churchill's Amtsantritt dürfte kein Zufall sein: Bereits im 1. Weltkrieg, damals noch als Rüstungsminister, hatte er für 1919 einen Tausendbomberangriff auf Berlin eingeplant, der dann infolge Kriegsende nicht mehr stattfand. In seinem Buch "Thoughts and adventures" schrieb er 1925 folgendes: "Die Schlacht von 1919 wurde nicht geschlagen, aber ihre Ideen lebten weiter. (...) Vielleicht wird es sich das nächste Mal darum handeln, Frauen und Kinder und die Zivilbevölkerung überhaupt zu töten."

Ich verteidige Hitler ja höchst ungern, aber den Bombenkrieg hat effektiv nicht er, sondern Churchill begonnen - was die deutschen Flächenbombardements gegen englische Städte jedoch nicht im mindesten rechtfertig!

>Hitler sagte danach in einer Ansprache:
>Wir werden ihre Städte ausradieren.

Leider ist dieses Zitat so nicht vollständig - "Historiker" wie Knopp zitieren im Allgemeinen bloss diesen einen Gliedsatz, sodass Dir dies verziehen sei. Hier das gesamte Zitat:

"Und wenn die britische Luftwaffe zwei oder drei- oder viertausend Kilogramm Bomben wirft, dann werfen wir jetzt in einer Nacht 150'000, 180'000, 230'000, 300'000, 400'000, eine Million Kilogramm. Wenn sie erklären, sie werden unsere Städte in grossem Maße angreifen - wir werden ihre Städte ausradieren. Wir werden diesen Nachtpiraten das Handwerk legen, so wahr uns Gott helfe. Es wird die Stunde kommen, da einer von uns beiden bricht, und das wird nicht das nationalsozialistische Deutschland sein."

Bis dahin war es der deutschen Luftwafe in der Tat streng verboten gewesen, absichtlich zivile Ziele anzugreifen.

Zudem muss man sich bewusst sein, dass die deutsche Luftwaffe in erster Linie als taktische Unterstützungswaffe für die Bodentruppen konzipiert worden war - als Hitler nun plötzlich strategische Flächenbobardements sehen wollte, musste die Luftwaffe improvisieren, denn für diesen Fall war sie im Grunde weder ausgerüstet noch geschult worden.

Sie war dazu überhaupt nur in der Lage, weil Deutschland im Westfeldzug die französische Kanalküste gewonnen hatte - von Stützpunkten auf Reichsgebiet aus wäre man aufgrund der begrenzten Reichweiten der vorhandenen Maschinen knapp dazu in der Lage gewesen, Ziele im äussersten Südosten Englands zu erreichen.

Im Gegensatz dazu hatten in der RAF bereits in der Zwischenkriegszeit die Douhettisten das Sagen: In London war man von Giulio Douhets Theorie fasziniert, wonach es möglich sein sollte, einen Staat allein durch die Vernichtung seiner Städte zu schlagen und zur Kapitulation zu zwingen, ohne dass es nötig wäre, Bodentruppen einzusetzen. - Ein Irrglaube, wie Heinz Guderian in seinem fundamentalen Werk "Achtung Panzer" bereits in den 20er Jahren überzeugend dargelegt hatte.

Entsprechend war die RAF in Dünkirchen weitestgehend unfähig, das britische Espeditionskorps taktisch zu unterstützen - wie auch, ohne entsprechendes Material?!

>Damals gab es noch keine Bomben-Angriffe der Alliierten.

Ich denke, dieser Punkt ist nunmehr widerlegt.

>Hitlers Luftwaffe machte schon in Spanien ganze Ortschaften den Erdboden gleich.
>Das war im spanischen Bürgerkrieg.
>Rotterdam wurde schwer bombardiert, nachdem Niederland ohne Kriegserklärung
>angegriffen und überrannt wurde.

Das Thema Guernica habe ich bereits hier, und Rotterdam da behandelt - angesichts der bereits fortgeschrittenen Zeit verweise auf die beiden verlinkten Texte.

Vielleicht doch noch ein Wort zum Spanischen Bürgerkrieg: Ich verurteile General Franco durchaus nicht dafür, dass er die kommunistische "Volksfront-Regierung" entfernt hat - seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass diese "Republikaner" ca. 150'000 - 200'000 Menschen ermordeten. Die Roten wüteten unter dem Klerus derart, dass sogar die kurz vorher kolonisierten, sich stellenweise eigentlich im Aufstand befindlichen, Marokkaner sich zu Tausenden als Kriegsfreiwillige bei Franco meldeten!

mfG,

Swissman


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