Re: Simulation Einschlag Pilsen

Geschrieben von JeFra am 19. April 2004 14:42:06:

Als Antwort auf: Re: Simulation Einschlag Pilsen geschrieben von BBouvier am 19. April 2004 11:56:06:


- Die "Arztfrau" hat ausschliesslich gesehen, dass in ihrer Gegend die Wälder pauschal nach Süden umgeworfen waren.

Kann man daraus folgern, daß die Auswurfmenge dort nicht so erheblich ist? Auf jeden Fall scheinen die Wälder ja in der Gegend nicht abzubrennen, was in gutem Einklang mit der Simulation steht. In Weiden hingegen müßten die Wälder verbrannt sein, soweit nach dem Geschoßhagel überhaupt noch etwas davon zu sehen ist. Deckt sich denn das Ergebnis für die Größe des Auswurfes (Average Ejecta Thickness: 17.8 cm = 6.99 inches, Mean Fragment Diameter: 12.2 cm = 4.79 inches) Ihrer Ansicht nach mit den Angaben des Weidener Bauern?

- Standard-NATO/Militärmunition im Kaliber 7,62 (="308") durchschlägt mittlere Ziegelwände mühelos. "Steine" haben da wohl Schwierigkeiten.

Wir können das ja mal für München durchrechnen, unter der falschen Annahme, daß die Geschosse nicht durch die Atmosphäre gebremst werden. Wenn (v,w) (die horizontale Komponente zuerst) die Anfangsgeschwindigkeit ist, so ist der Ort zur Zeit t (vt,wt-gt2/2), der Geschwindigkeitsvektor beim Einschlag ist (v,-w) und beim Einschlag ist die zweite Ortskoordinate 0, also wt=gt2/2 mit t>0 oder w=gt/2. Wir haben t=218.7s («The ejecta will arrive approximately 218.7 seconds after the impact.»), also v=225/218.5 km/s=1029m/s und w=1073m/s. Der Einschlagswinkel ist etwas größer als 45 Grad, und der Betrag des Geschwindigkeitsvektors ist 1487m/s, also etwa vierfache Schallgeschwindigkeit. Bei einem Einschlagswinkel von 45Grad kann man eigentlich nur hinter einem sehr steilen Berghang Schutz suchen, was meine Behauptung von vorhin etwas relativiert (ich hatte nicht nachgerechnet).


Man müßte sich also überlegen, wie gut Steine mit 1cm Durchmesser bei vierfacher Schallgeschwindigkeit Mauerwerk durchschlagen. Ich glaube, die gängige Munition ist etwas kleiner und hat auf jeden Fall eine bessere Durchschlagsfähigkeit. Ich habe mal scharfe [!] Fliegerabwehrmunition (ich glaube, so hat er das genannt) gesehen, die jemand als Souvenier von seinem Wehrdienst in der glorreichen NVA mitgebracht hat. Ich glaube, die könnte durchaus 1cm Kaliber gehabt haben. Aber das ist sehr lange her. Man müßte etwas über die Durchschlagsfähigkeit eines Querschlägers eines derartigen Geschosses in Erfahrung bringen, aber für Querschläger, die mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit unterwegs sind. Vielleicht produzieren ja Kernwaffenexplosionen am Boden Auswurf, der mit ähnlicher Geschwindigkeit unterwegs ist, wenn auch in viel geringerem Abstand vom Explosionsort. Dann könnte man vielleicht bei Glasstone etwas über die Durchschlagsfähigkeit in Erfahrung bringen.


In Wahrheit müßte man natürlich die Geschoßbahn nach den Spielregeln der äußeren Ballistik ausrechnen. Ich habe dazu auf die Schnelle etwas gegurgelt und bin auf diese Seite mit etwas Material zu der Frage gestoßen. Für die Bremsung durch Luftwiderstand legen die einen einfachen Ansatz zugrunde, den ich (als Nicht-Physiker) unter dem Namen «Stokessches Gesetz» kenne. In der konkreten Anwendung auf den Auswurf einens Kometeneinschlages muß man aber beachten, daß die Geschosse durch unterschiedliche Atmosphärenschichten unterwegs sind und der Verzögerungkoeffizient von der Flughöhe abhängt, so daß ich im Moment nichts ausrichten kann. Auf jeden Fall sind die Geschosse in Wahrheit, verglichen mit der vorigen Rechnung, langsamer und fallen (leider) unter einem steileren Winkel ein. Ich würde mal spekulieren, daß es immer noch für 2-3fache Schallgeschwindigkeit reicht. Ein Großteil der Flugbahn verläuft wohl ohnehin durch sehr dünne Atmosphärenschichten. Für weitere Details sollte man vielleicht die Amerikaner befragen, die die Webseite publizieren und die man vielleicht ohnehin bitten sollte, zur Ausgabe ihres Programmes Information über die zu erwartende Auswurfmenge hinzufügen.


Sollte dies jedoch hier der Fall sein, dann wäre ich ungern in dieser Gegend.

Schwer zu sagen. Wenn Sie noch Kontakt zu Tollman haben, sollten Sie ihn vielleicht mal nach seiner Meinung über die Ergebnisse fragen, die dieses Programm berechnet. Auf alle Fälle scheint mir die Tatsache bemerkenswert zu sein, daß der Auswurf vielleicht die gefährlichste (im Sinne von Reichweite) Primärwirkung eines solchen Impaktes ist. Sie sehen also, glaubt man dem Simulationsprogramm, erst den Blitz (harmlos, wenn Sie nicht direkt in den Feuerball schauen), nach etwa 4-5 Minuten (in München) kommt der (extrem gefährliche) Auswurf, erst nach 12-13 Minuten kommt der Lufstoß, der in dieser Entfernung schon relativ harmlos ist. Das Erdbeben in München wäre wohl nicht schwerer als der Wackler, den wir vor 12 Jahren im Rheinland und den Niederlanden hatten.


Herzlich,
JeFra


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