Nächster Halt: Irak. Die Strategie des Lord David Owen
Geschrieben von Freddie am 22. November 2001 10:13:13:
Nächster Halt: Irak. Die Strategie des Lord David Owen
Zwar wissen wir schon lange, daß das "Wall Street Journal" (WSJ) neben der
Gruppe Hollinger International und anderen ebenfalls ein Kriegstreibernest ist.
Dennoch wundert frau sich immer wieder über die Schamlosigkeit, in der die
Absichten geäußert werden. Am 17.11.2001 unterbreitet Lord David Owen,
britischer Außenminister von 1977 bis 1979, und Europäischer
Friedensunterhändler (!) im ehemaligen Jugoslawien, von 1992 bis 1995,
im "Opinion Journal" des WSJ seine Vorstellungen über die weitere Strategie
im "Anti-Terrorismuskampf". Nach der Lektüre wissen wir, warum Friedenskreise
in den USA die Zeitung in "War Street Journal" umgetauft haben."Next Stop, Iraq": es mutet an wie der Ausruf der nächsten Bushaltestelle. So
einfach ist das.Wie wir bereits berichteten, bringt die rasche Implosion des Talibanregimes die
US- und britische Kriegsstrategie ziemlich durcheinander. Nun wird es nichts
aus den Gewinnen durch die Einrichtung zahlreicher Militärstützpunkte in
Zentralasien, da sie nicht mehr zu rechtfertigen sind, und ob die Ausbeutung
des Erdöls und des Erdgases sowie die Verlegung von Pipelines in der Region so
preisgünstig sein können, wie geplant, ist mehr als fragwürdig. Die legitimen
Besitzer haben die Stirn besessen, ihre Angelegenheiten, darunter die
Vermarktung ihrer Reichtümer, selbst regeln zu wollen.
[Anmerkung von mir: Bush sprach in einer Rede vor 15 000 Soldaten dass das
Schlimmste noch kommen werde (worst is yet to come), in Afghanistan solls
also demnächst noch so richtig rundgehen. Ich kann mir aber nicht vorstellen
was er dem Land noch alles antun will. Siehe auch:Worst is yet to come
Was wird nun aus den Gewinnen der Wall Street?
Die Afghanistan-Operationen bringen ab sofort kaum noch Rendite, die
Bombardierungen gehen demnächst ihrem Ende entgegen, und die verbleibenden
Aufgaben im Rahmen von Scharmützeln können von der Klein- und Mittelindustrie
der Kriegsbranche erledigt werden.Es müssen lohnendere Betätigungsfelder her. "Jetzt ist es Zeit, die neue Folge
von Schritten zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu wählen",
schreibt Lord David Owen, und "Wir können nicht bei Afghanistan enden".Wie bereits US-Vizepräsident Dick Cheney, der die Ausdehnung des Krieges auf
bis zu 50 Staaten ankündigte (Wir berichteten darüber am 17.11.2001), hat Lord
Owen am selben Tag im WSJ Gleiches geäußert. Es mutet an wie eine konzertierte
Aktion. Rasch müsse vorgegangen werden, damit die durch Osama bin Laden und
al-Qaeda ausgebildeten Kämpfer sich nicht mit anderen Gruppen verbinden und
weitere terroristische Anschläge ausführen könnten. Regierungen, die
Terroristen beherbergten, müßten gewarnt werden usw. usw., wie wir mehrfach
berichteten. Wenn die USA versuche (!), im Rahmen von UN-Resolutionen zu
handeln ("tries to act"!), gebe es keinen Grund anzunehmen daß die für
Afghanistan zusammen gekommene Koalition schwächer sei, selbst wenn sie kleiner
wäre.Hier zeigt sich ein weites Betätigungsfeld für die deutschen Truppen! Jetzt
oder nie!Lord David Owen kommt zur Sache: "Der nächste Schritt muß den Irak einbeziehen,
der schon mit drei Männern, die ins World Trade Center flogen, in Verbindung
gebracht wurde. Wir sollten damit beginnen zu versuchen, eine Resolution des
UN-Sicherheitsrates zu erreichen, die Terroristenorganisationen identifizieren,
die entweder im Irak trainieren, oder die auch nur von dort aus operieren." Wir
erinnern uns an die gute Vorarbeit, die Ahmed Chalabi, der Vertreter des
opositionellen "Iraqi National Congress", mit Sitz in London, bei Lord Owen um
die Ecke, leistete, in dem er einen irakischen Anonymus präsentierte, der im
US-Sender PBS seine Enthüllungen ausbreitete. Das unsägliche Kalaschnikow-
Redaktionsschaf blökte dieses am 8.11.2001 aus.Lord Owen fordert die Wiedereinsetzung von in den Irak eindringenden UN-
Beobachtungen (intrusive U.N. monitoring) aller irakischer Stätten, in denen
nukleare, chemische und bilogische Waffen hergestellt werden könnten. Dies
könne mit einer Lockerung der Wirtschaftssanktionen einhergehen. Die irakische
Frage habe unzweifelhaft ganz oben auf der Agenda der Gespräche des russischen
Präsidenten Wladimir Putin mit seinem US-Amtskollegen gestanden. Es könne sich
zeigen, daß Rußland, was den Irak betrifft, realistischer als selbst Frankreich
und Deutschland sei. Rußland wolle aber eine Entschädigung für verlorene
Geschäfte und nicht zurückgezahlte Schulden des Irak. Eine mögliche
Entschädigung könne die Abschreibung eines guten Teiles alter Schulden aus der
Sowjetzeit sein.Lord David Owen weiß Bescheid: Rußland wird den Irak zum Abschuß freigeben,
damit die Pläne der israelischen Ultras, ihren araberfreien Staat zu errichten,
endlich realisiert werden können.Die Briten sollten nicht den Winter verstreichen lassen, sonst würden sie ihre
gute Reputation in den USA verlieren."Dies ist zu tun", fährt Lord David Owen fort: "Nach einer kurzen
diplomatischen Phase, sollte der Irak wieder zurückkehren zu seiner gewohnten
Hinhaltetaktik, müssen die USA im Norden des Irak einen Militärstützpunkt mit
einem Flugplatz einrichten, einem Teil des Landes, in dem die USA und
Großbritannien jetzt schon irakische Flugzeuge verbieten." Die von den beiden
Ländern selbstherrlich und ohne UN-Grundlage bestimmten "No-Fly-Zones" sind
hier gemeint."Diese Handlungen gegen den Irak werden Israels Zusammenarbeit in sinnvollen
Friedensverhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde ermutigen",
meint Lord Owen, und er klagt anschließend die EU an, die israelische
Hartnäckigkeit mehr zu betonen als die Liste des irakischen Terrorismus. Dies
sei Ausfluß einer antiquierten Politik.Bald nach dem Angriff auf den Irak sollten die USA einen Gesandten bestimmen,
der auf höchster Ebene das Engagement der USA im Mittleren Osten mit dem Ziel
der Schaffung verteidigungsfähiger Grenzen für einen palästinensischen Staat zu
definieren, wieder in Gang setzt. Solche Aktivitäten sollten von UN-
Resolutionen flankiert werden, die Syrien auffordern, alle terroristischen
Handlungen innerhalb seiner Grenzen zu beenden. Die einfache Möglichkeit zur
Funktionalisierung der Vereinten Nationen für diese Zwecke scheint Lord Owen
vorauszusetzen.Hier ist's ausgesprochen: die Palästinenser sollen aus den von der
Palästinensischen Autonomiebehörde verwalteten aber von der jetzigen Regierung
Israels beanspruchten Territorien ausgesiedelt werden: ab, übern Jordan!Jetzt geht Lord Owen, nachdem er noch taktische Tips in Sachen
Palästinenserumsiedlung gegeben hat, zum Iran über. Dieser präsentiere andere
Schwierigkeiten. "Wir sollten den Iran auf diplomatischem Wege hindern,
Terroristen zu beherbergen", schreibt Lord David Owen, wobei nicht klar ist,
wen alles er mit "wir" meint. Vielleicht auch uns, die Deutschen? Sollten wir
endlich gemeint sein?Die Zurückhaltung, Drohungen gegen den Iran auszusprechen, sei gerechtfertigt,
da der Iran hilfreich in der Afghanistan-Aktion gewesen sei. Diplomatie
gegenüber dem Iran habe größere Aussicht auf Erfolg, wenn der Iran sehe, daß
die USA eine klare Strategie gegenüber dem Irak, Israel, Palästina und Syrien
fahre. Eine Einschüchterung des Irans durch warnende Beispiele wird also von
Lord Owen vorgeschlagen. Zum Abschluß listet er noch weitere Krisenherde und
Terrorismusnester auf, von Tschetschenien bis Zypern. Sie alle müßte man sich
vornehmen. Dem US-Präsidenten bleibe noch viel zu tun für den Rest seiner
Amtszeit.Auf denn, also, in den Dritten Weltkrieg, mit Lord David Owen, dem "War Street
Journal" und ihresgleichen!
- Vorschlag eines Namens franke43 22.11.2001 11:59 (0)