Re: Eskalation im Irak und mögliches Szenario aus meiner Sicht

Geschrieben von Deyvotelh am 29. August 2006 01:39:35:

Als Antwort auf: Eskalation im Irak geschrieben von Stephan Berndt am 28. August 2006 12:07:37:

>Hallo!
>Auch, wenn viele von Euch wohl den SPIEGEL lesen, muss das hier rein:
>DER SPIEGEL – 29.August 2006 / Seite 109/110
>.... der Irak steht im Bürgerkrieg .... In Bagdad, schreibt der Nahost-Experte und ehemalige Kriegsbefürworter Kenneth Pollack, „ist die Debatte vorüber; Welcher Definition man auch folgt – der Irak ist im Bürgerkrieg“ .....
>Nach meiner Beobachtung hatten die hiesigen Medien bisher immer vermieden, die Situation im Irak als Bürgerkrieg zu bezeichnen. Auch der SPIEGEL versuchte bisher eigentlich immer noch die Politik der USA als irgendwie sinnvoll erscheinen zu lassen.
>.... und jetzt kommt der eigentliche Hammer
>Weite Teile der irakischen Mittelschicht haben das Land bereits verlassen. „Wenn die Gewalt weiter eskaliert, werden sich auch die Mittellosen bald in riesigen Flüchtlingslagern im nächstgelegenen Nachbarland einfinden.“
>Iran werde schwerlich bereit sein, gemeinsam mit den USA Auffanglager an der irakischen Grenze einzurichten, räumt Pollack ein – für andere Nachbarstaaten aber sei das eine Überlebensfrage: Kuwait und Saudi Arabien haben große schiitische Minderheiten; der spill over aus dem Irak könnte die soziale Balance in diesen Ländern gefährden – so wie es in den großen Städten Jordaniens und Syriens schon heute der Fall ist. Der Bürgerkrieg könnte zu einem Exportartikel werden.

>Anmerkung
>Der SPIEGEL gibt hier zunächst nur die Horrorvision von Kenneth Pollack wieder. Die Zukunft muss sich nicht unbedingt daran halten.
>Andererseits dürfte der Exodus der Mittelschicht über einen bestimmten Punkt hinaus eine Eigendynamik entwickeln. Fehlen gut ausgebildete Fachleute geht die Wirtschaft in die Knie und die Infrastruktur leidet.
>Normalerweise müsste die US-Regierung einen Notfallplan haben, der die restlose Blamage angesichts von irakischen Flüchtlingsmassen an der Grenze zu- oder in Nachbarländern vermeidet. Dieser dürfte in einer Ausweitung des „Anti-Terror-Krieges“ bestehen. Vermutlich hat man in Washington schon damit begonnen für einen zweiten 11.September zu beten .... Das Problem wird also nicht gelöst, sondern nur von einem weiteren überlagert – vermutlich dem Iran.
>Der SPIEGEL deutet unterschwellig in diese Richtung: Der Iran wird als das eigentliche Hauptproblem dargestellt. Das Gleiche tut die WELT, die praktisch täglich in ein bis zwei Artikeln und Kommentaren direkt oder indirekt einen Angriff auf den Iran befürwortet oder sinnvoll erscheinen lassen will.
>Werkt Ihr das auch?
>Dass irgendwo jemand das Gaspedal immer weiter durchtritt und sich die Dinge mehr und mehr beschleunigen?
>Gruß
>Stephan


Hallo Stephan!

Irgendwer hat mal so ne komische Definition vom Stapel gelassen: 1000 Tote pro Monat verursacht durch verschiedene Fraktionen ergibt einen Bürgerkrieg.
Naja, ich höre zuviel DLF und DW-Berichte im Radio.
Radiohören soll Fernsehen sein mit Kopf.

Es kommen ja noch die Invasoren dazu, also die Amis, die einen Teil der Opfer verursachen.
Der Bürgerkrieg ist seit Jahren da im Irak, jeden Tag gibt es Dutzende von Tote.

"Wenn die Gewalt weiter eskaliert, werden sich auch die Mittellosen bald in riesigen Flüchtlingslagern im nächstgelegenen Nachbarland einfinden.“
Da habe ich so meine Zweifel. Die arabischen Länder nehmen gerne Leute mit Geld auf, aber niemals Arme.
Da müßten eine Menge Wohnungen gebaut werden, Infrastruktur geschaffen werden, das Wasser ist knapp...
Die Araber schreien laut "Solidarität", aber wenns konkret wird...man siehts an den Palästinensern.
Keiner will sie aufnehmen. Oder die Kurden - nur Prügelknaben.

Besonders das Wasser ist knapp in den Wüstenstaaten. Da ist kein Platz für Hunderttausende weitere Araber.
Die Scheichs wollen in Ruhe duschen.
Gut, Ghadafi in Libyen hat einiges an Infrastruktur aufgebaut, die anderen arabischen Länder haben das bis dato jedoch nicht auf die Reihe gekriegt.

"...Kommentaren direkt oder indirekt einen Angriff auf den Iran befürwortet oder sinnvoll erscheinen lassen will..."
Der iranische Schwerwasserreaktor wird 2009 fertig sein und als Nebenprodukt Plutonium abwerfen.
Der Iran hat sich zum Schlüsselstaat zwischen der arabischen Welt und Asien entwickelt.
Ein Angriff ist praktisch unmöglich.
Wenn es die VSA (gegen die UN, denn Rußland und China legen ihr Veto ein) trotzdem tun, so wird dies Rußland und China auf den Plan rufen.

"Vermutlich hat man in Washington schon damit begonnen für einen zweiten 11.September zu beten ..."
Au Backe, das wird dann doch nicht etwa der Anschlag sein, bei dem u.a. das berühmte Haus mit der Breitseite zum Meer zum Opfer fällt...??? Danach kannste sowieso nur noch beten.
Aber ohne Spaß, so könnte es abgehen: Die Amis zerstören eine Urananreicherungsanlage vom Flugzeugträger aus im Perischen Golf.
Aus Rache basteln sich die Iraner was radioaktives zusammen und packen es in einen Koffer. Über Manhattan wird die Fracht über Bord geworfen. Eine Möglichkeit: Vielleicht ist der Iran schon seit längerem im Besitz einer der verschwundenen russischen Koffer-Atombombe, Du kennst ja die Geschichten.
Danach gehts an. Die Amis greifen den Iran mit Atomwaffen an. Die Russen (schon längst heimlich verbündet mit China natürlich) greifen Afghanistan und die Türkei an und marschieren in Osteuropa ein bis Belgrad.
Man kämpft um die Ölvorräte in Saudi-Arabien, der Russe ist dort schneller.
Danach Friedensverhandlungen in Budapest zwischen Ost und West, die aber wegen 3 Morden an Hochgestellten platzen.

Na ja, das sind jetzt nächtliche Phantasien, aber der Iran könnte das Faß tatsächlich zum Rollen bringen, das ist der eigentliche Schlüsselstaat des ganzen Geschehens.
China und Rußland brauchen den Iran wirtschaftlich gesehen und bezichtigen im Falle eines Angriffs mit Recht die VSA als aggressive Hegemonialmacht.
Denn der Iran war mit Ausnahme der Periode des letzten Schahs immer östliche Einflußsphäre - im Gegensatz zum Irak.

Grüße Deyvotelh



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