Re: Ukraine + NATO, die angekündigten Zitate

Geschrieben von Deyvotelh am 29. Juni 2006 00:53:14:

Als Antwort auf: Ukraine + NATO, die angekündigten Zitate geschrieben von Stephan Berndt am 24. Juni 2006 20:29:33:

>Hallo!
>Hier ein paar wichtige Texte zur Ukraine:
>Zuerst ein paar Artikel aus der Zeit der „Orangenen Revolution“ in der Ukraine Ende 2004
>--------------------------------------------------------------------
>DIE WELT am 23.11.2004 auf Seite 5
>.....
>In Rußland hingegen sehen viele, auch Putin, die Ukraine als Einflußbereich. Lenin hatte einst gesagt: "Wenn wir die Ukraine verlieren, verlieren wir alles."
> Ein russischer Duma-Abgeordneter sagte am Wochenende in Kiew :"Wenn wir nicht aufpassen, wird Rußland in 20 Jahren vom Erdboden verschwinden. Wir müssen alles riskieren."
>DER SPIEGEL, #49, 29.11.2004, Seite 26
>...
>In dieser Gemengelage waren am Freitag (26.11.2004) aus Sicht der Berliner Experten in Kanzleramt und Außenministerium drei Szenarien für die Krise in Kiew denkbar:
> 1. Die ukrainische Kamarilla um ihre Beschützer in Moskau lenkt ein - gegen handfeste Konzessionen. Dem scheidenden Präsidenten Kutschma wird Amnestie gewährt, die Russen bekommen Garantien für die Sicherung ihrer Ölinteressen. Für Schröder wäre dieser Ausgang eine Bestätigung seines Kurses.
>2. Ein wochenlanges Gezerre vor Gericht und auf der Straße sorgt für zunehmende Instabilität im Land. Mit Verschleppungstaktik versucht das Regime, die Demonstranten zu ermüden. Die Diplomatie, vor allem die Initiativen der EU, fruchtet nicht. Der Machtpoker geht weiter.
>3. Gewaltausbrüche führen zu einer schnellen Eskalation, das Militär rückt aus - schlimmsten Fall mischt sich sogar Russland mit Truppen ein, um seine Interessen zu wahren. Das könnte der Moment sein, wo Kanzler Schröder die Bande zu Putin weitgehend kappen müsste. Jedes Taktieren zum Wohle der deutsch-russischen Freundschaft wäre passé.
>Dann stünde die seit dem Mauerfall entwickelte europäische Friedensordnung auf der Kippe. Die Konfrontation zwischen Moskau und Washington würde eskalieren - und Europa müsste wieder fest an die seite Amerikas rücken. Die Folge wäre, so ein Schröder-Vertrauter "ein neuer Kalter Krieg".
>9.12.2004 PHOENIX-TV, 21.36, Berliner Phoenix Runde
>
>Thema : Russland vor Abbruch der Westorientierung?
>In dieser Diskussionsrunde ging es um die Perspektive der Ukraine und natürlich um die Rolle Russlands dabei.
> Alexander Rahr, umtriebiger Publizist (in Deutschland DIE WELT und andere, in der Ukraine publiziert er in russischsprachigen Medien), Mitglied der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik und nach meiner Einschätzung einer der ehrlichen und nicht schönredenden Russlandexperten sagte dort sinngemäß bzw. halbwegs wortwörtlich (Gedächtniswiedergabe):
>"Russland befindet sich möglicherweise an einem Wendepunkt und gibt seine Westorientierung auf. Das wäre gefährlich, vor allem vor Russland."
> Es werde einige Zeit dauern, vielleicht sogar ein Jahr und mehr, bis man das im Westen in aller Konsequenz zur Kenntnis nimmt - einschließlich einer ausreichenden Würdigung in den Medien.

>Der eigentliche Entschluss in Russland fiele angesichts der Ereignisse in der Ukraine wohlmöglich dieser Tage. Ginge die Ukraine für Russland tatsächlich "verloren" oder aber obsiegt im Kreml eine solche Einschätzung, wären mit Sicherheit mit irgendwelchen gravierenden Maßnahmen seitens Putins zu rechnen.
>Hier Zbigniew Brzezinski – der wohl renommierteste Geostratege des Westens – in „Die einzige Weltmacht“ zur Bedeutung der Ukraine für Russland (1997) :
>
>Seite 179
>Je rascher sich Rußland auf Europa zubewegt, desto schneller wird sich das Schwarze Loch im Herzen Eurasiens mit einer Gesellschaft füllen, die immer modernere und demokratischere Züge annimmt. Tatsächlich besteht das Dilemma für Rußland nicht mehr darin, eine geopolitische Wahl zu treffen, denn im Grunde geht es ums Überleben.
>Anmerkung Berndt
>Genau diese Möglichkeit ist vor allem auch „dank“ der USA nicht mehr gegeben. Nach Brzezinski ist Russland also auf dem Wege in den Untergang!!!
>Seite 136 / 137
> Am beuruhigendsten war der Verlust der Ukarine. Das Auftreten eines unabhängigen ukrainischen Staates zwang nicht nur alle Russen, das Wesen ihrer eigenen politischen und ethnischen Identität neu zu überdenken, sondern stellte auch für den russischen Staat ein schwerwiegendes geopolitisches Hindernis dar. Da mehr als dreihundert Jahre russischer Reichsgeschichte plötzlich gegenstandslos wurden, bedeutete das den Verlust einer potentiell reichen industriellen und agrarischen Wirtschaft sowie von 52 Millionen Menschen, die den Russen ethnisch und religiös nahe genug standen, um Rußland zu einem wirklich großen und selbstsicheren imperialen Staat zu machen ...
> Selbst ohne die baltischen Staaten und Polen könnte ein Rußand, das die Kontrolle über die Ukraine behielte, noch immer die Führung eines selbstbewußten eurasischen Reiches anstreben.
>Seite 152
>In der seit spätestens 1994 zunehmenden Tendenz der USA, den amerikanisch-ukrainischen Beziehung höchste Priorität beizumessen und der Ukraine ihre neue nationale Freiheit bewahren zu helfen, erblickten viele in Moskau - sogar die sogenannten Westler - einen gegen das vitale russische Interesse gerichtete Politik; die Ukraine schließlich wieder in den Schoß der Gemeinschaft zurückzuholen. Daß sich die Ukraine eines Tages irgendwie reintegrieren [gute Formulierung ...] lasse, gehört nach wie vor zum Crede vieler Mitglieder der russischen Politelite.
>So wurde z.B. sogar Jelzins Spitzenberater, Dmitrij Rjurikow, von Interfax (20.Novenber 1996) dergestalt zitiert, daß er die Ukraine, für "ein vorübergehendes Phänomen" halte, während Moskaus Obschtschaja Gazeta (10.Dezember 1996) berichtete, daß "in absehbarer Zeit Ereignisse in der östlichen Ukraine Moskau mit einem sehr schwierigen Problem konfrontieren könnten. Massenprotest aus Unzufriedenheit werden mit Appellen oder sogar Bitten an Rußland die Region zu übernehmen, einhergehen. Recht wenige Leute in Moskau waren [nicht "wären?"] bereit, solche Vorhaben zu unterstützen." [merkwürdiger Satz - Druck- oder Übersetzungsfehler?]
> Seite 166
> Wie bereits erwähnt, ist ohne die Ukraine eine imperiale Restauration [Russlands], sei es auf der Basis der GUS, sei es auf einer paneurasischen Identität, keine eurasische Option.
>Hier ein aktueller Kommentar.
>DIE WELT, 15.Juni 2005, Seite 7, von Michael Stürmer
>(Im Zusammenhang mit dem aktuellen Marinemanöver vor der Küste der Krim, an dem auch die USA teilnehmen.)
>Flottenmanöver vor fremden Küsten sollen Flagge zeigen und den Uferbewohnern Absichten kundtun. Das galt vor einem dreiviertel Jahr für die gemeinsamen Manöver, die Chinesen und Russen nördlich der Taiwan-Straße veranstalteten ... Und es gilt dieser Tage für das „Sea-Breeze 2006“-Manöver der Ukraine und der US-Navy im Schwarzen Meer, unweit Sewastopols. Dort hatte die russische Schwarzmeerflotte von jeher ihre Basis ....
>.... Mit der Ukraine kann sich die NATO übernehmen, in ihrem Sicherheitsversprechen unglaubhaft werden und sich mittleren russischen Erpressungen ausgesetzt sehen.Die Ukraine ist aus Sicht der Russen spirituelle Wiege ihrer Kultur. Mehr als 20 Millionen, die sich als Russen sehen, leben westlich der Grenze, für Putin allesamt Mütterchen Russlands verlorene Kinder. Mit der Ukraine als strategischem Vorland wäre Russland, gestützt auf Energiemacht und Waffenexporte an gerechte und Ungerechte, bald wieder Imperium. Das kann nicht aufgeklärtes westliches Interesse sein. Ohne die Ukraine, oder wenn sie gar zur Randprovinz des Westens würde, wäre Russland auf Asien verwiesen, marginalisiert bei der Gestaltung der atlantischen Welt und ihrer Sicherheit. .... Der eine Teil der Ukraine schaut nach Westen und findet Ermutigung in Polen und den USA, der andere schaut auf Moskau und bewundert dortige Sitten und Gebräuche. Ein Beitritt zu NATO und EU würde die Ukraine einer Zerreißprobe aussetzen. .... Die Ukraine als Friedensprojekt zwischen Ost und West ist, wenn beide Seiten Weisheit walten lassen, denkbar. Die Ukraine als Reibeisen dagegen hat das Potential für einen völlig überflüssigen neuen kalten Krieg.
>Zur wirtschaftlichen Verflechtung von Ukraine und Russland:
>30.11.2004 – DIE WELT, Seite 6
>Putin, der im Inland immer autoritärer wird, denkt und handelt geopolitisch. Er will, daß Rußland überall dort einen Fuß in der Tür hat, wo es seine Interessensphären beansprucht. Das ist in der Ukraine in ganz besonderem Maße der Fall. Die russische und ukrainische Wirtschaft sind eng vernetzt. Das betrifft vor allem die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie, aber auch die Energiewirtschaft und die Infrastruktur. Die Ukraine war und ist ein für Rußland unverzichtbares Transitland für die Erdgas- und Erdölströme, die nach Europa fließen und reichliche Devisen einspielen.
>Frankfurter Allgemeine Zeitung – 4.Mai 2005, Seite 10
>
>Hinter der freundlichen Fassade
>.... In großer Deutlichkeit wandte sich etwa Wjatscheslaw Nikonow, der Präsident der Stiftung Einheit für Russland, ein Putin-Mann gegen die Aufnahme dieses Landes (Ukraine) in die Europäische Union oder die NATO. Nach dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder zur EU hätten sich die russischen Handelsbeziehungen zu diesen Staaten schon verschlechtert. In der Ukraine, die 60 Prozent ihres Außenhandels mit Rußland abwickelt, sei ähnliches zu befürchten, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die geplante GUS-Freihandelszone. .... Und die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, so Nikonow, wäre eine ernsthafte Bedrohung für den Bestand der russischen Rüstungsindustrie, da 80 Prozent der Rüstungsprojekte beider Länder integriert seien. Unklar wäre seiner Meinung nach auch, was mit der russischen Schwarzmeerflotte zu geschehen habe, die auf der Krim stationiert ist.
>
>Anmerkung meinerseits:
>Mein Eindruck ist der, dass die USA Russland vorsätzlich und gezielt in die Enge treiben und zwar in der Absicht, Russland zu einem militärischen Abenteuer zu verführen, dass es später bereut, weil es Russland nur noch mehr schwächt. Russland dürfte sich dieser Gefahr bewusst sein, wartet aber auf einen günstigen Zeitpunkt. Im Prinzip läuft der Krieg also schon, nur ist er noch nicht heiß, und beide Seiten leisten sich noch den Luxus die Welt ob dieser Tatsache hinters Licht zu führen.
>Bezüglich der Ukraine fragt sich jetzt, ob tatsächlich eine Volksabstimmung angesetzt wird, für welchen Termin und wie hoch der erforderliche Prozentsatz ist. (Wahlbeteiligung und Prozentsätze der Ja-Stimmen).
>Um möglichst viele Pro-NATO-Stimmen zu bekommen, müssten die USA versuchen, Russland vorher dahingehend zu provozieren, kommenden Winter am Gashahn zu fummeln oder die Preise zu erhöhen oder sich sonst wie als Ukraine-Feind zu verhalten. Entsprechend müsste der Termin angesetzt werden: Kurz nachdem Russland auf die Provokation eingeht.
>Wie auch immer. Wenn die USA in der Ukraine den Druck kontinuierlich erhöhen, wird es irgendwann zwangsläufig irgendwann kräftig knallen. Ob nun an Russlands Grenze, im Nahen Osten, oder bei uns. Die Ukraine ist die Rote Linie.
>Wird diese Linie dann überschritten, werden unsere feigen Medien im nacherein rotzfrech sagen: DAS WAR DOCH KLAR!
>Gruß
>Stephan


Hallo Stephan!

Da stimme ich Dir zu: Die Ukraine ist die Rote Linie.
Sie ist die kulturelle Wiege Rußlands und seine Kornkammer.
Rußland wird alles Mögliche versuchen, die Ukraine zu halten, etwa mit dem Gaspreis.

Wenn es nicht gelingen sollte, gäbe es noch eine andere Möglichkeit: Rußland selber wird versuchen, in die EU und in die NATO zu gelangen!
Nach dem Motto: Wenn Mohammed nicht zum Berg kommt,...oder so ähnlich.
Wenn der Westen da nicht richtig mitziehen will, kommt es allmählich zur Konfrontation. Erst ein Kalter Krieg, dann heiß.
Ok, so ein Gedankenspiel von mir.

MfG Deyvotelh


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