Re: Sehne für Bogen

Geschrieben von Wizard am 27. Juni 2006 00:35:43:

Als Antwort auf: Sehne für Bogen geschrieben von Sensi Smile am 26. Juni 2006 19:23:52:

Moin Sensi Smile,

>ich bin hier, weil mich die Zukunft interessiert.
>Die gängigen Prophezeiungen sind mir bekannt; ebenso betreib
>ich eine minimale Vorsorge.

nur minimal?

OK, muss jeder selber wissen ob und was er macht und in welchem Umfang.

>Ich hab hier ja schon einiges über Eure Bogenkünste gelesen - und
>da dacht ich mir, die wissen wie man eine Bogensehne selber macht.

Richtig gedacht, einige hier wissen wie man die macht. Z. B. BB und ich, um nur mal zwei zu nennen. ;-))

Es gibt verschiedene Methoden zum Herstellen einer Sehne und es geht auch aus ziemlich vielen Materialien. Das wie und woraus hier in allen Einzelheiten zu erklären wäre ziemlich aufwändig (auch wegen der Problematik mit fehlenden Bildern). Sehr gute und genaue Informationen, nicht zur Herstellung einer Bogensehne sondern zum gesamten Thema des traditionellen Bogensports, herhältst du bei Fletchers Corner oder über die Bücher "Die Bibel des traditionellen Bogenbaus" Band 1 bis 3. Sie drei Bücher besitze ich übrigens auch. Sie sind nicht von einem einzigen Autor geschrieben worden, sondern sind ein Gemeinschaftswerk der Besten Bogenbauer der Welt, gut erklärt, bebildert und mittlerweile in deutsch übersetzt. Im zweiten Band wird unter Anderem auch sehr umfangreich auf die Herstellung von Sehnen eingegangen. Leider sind die Bücher nicht gerade preisgünstig, aber eine Investition die ich jedem der sich mit dem Thema traditionellen Bogenbau auseinandersetzen will ans Herz legen möchte.

Wenn ich das Indianer-spielen nebst Bogenbau aus meiner Kindheit mitrechne, beschäftige ich mich mit dem Thema (mit Unterbrechungen) schon so überm Daumen 35 Jahre. Und ich muss gestehen, ich war von der Menge an Informationen in diesen drei Büchern wie erschlagen und kam mir vor wie ein Anfänger. Da wird wirklich so ziemlich alles erklärt, was mit dem Thema zu tun hat. Selbst die Herstellung von Leim aus Haut und ähnlichem. Da ist wirklich ein großes Werk geleistet worden und es verdient die Bezeichnung "Bibel" zu Recht.

Im übrigen halte ich es wie BB und habe mir einige Rollen Bogengarn (Dracon B50) nebst Mittenwicklungsgarn gekauft. Geht man davon aus, das eine Bogensehne bei sachgemäßer Behandlung etwa 2 Jahre hält (meist sogar länger), bin ich mit meinem Vorrat an Garn für die nächsten 50 Jahre versorgt.

>Einen Ast abzubrechen und einen Zweig dazu, prima - ich hab Bogen und Pfeil,
>aber mit der Pflanzkordel klappt das nicht so als Sehne.

Das Geheimnis liegt in der richtigen Verarbeitung. Zum Üben empfehle ich Dichtungshanf. Mit einer einfachen Handspindel macht man daraus ein Garn und aus dem Garn dann Bogensehne, Schnüre oder auch Seile. Zu Anfang nicht so leicht, hat man aber erst mal den Bogen raus, geht es recht gut. Bekommt man das dann gut hin, macht man sich das Rohmaterial zum Spinnen z. B. aus Brennnesseln selber.

>Um an eine Sehne von einem Schwein oder Rind zu kommen (welche ist den lang genug und wie find ich die, in all dem Fleisch?) ...

Die Tiersehnen werden nicht als Ganzes verwendet, sondern zerfasert und ähnlich wie Pflanzenfasern zu Bogensehne verarbeitet. Man kann Bogensehne auch aus Rohhaut herstellen. Im Band 2 der oben genannten Bücher ist z. B. beschrieben, wie man aus der Haut eines Eichhörnchens Sehne herstellen kann. Mir persönlich ist es zu aufwändig, Bogensehne aus tierischem Material herzustellen, das Material kann man anderweitig besser verwenden (z. B. um den Bogen stärker zu machen). Pflanzenfasern sind einfacher zu beschaffen und zu verarbeiten.

>... dafür bräuchte ich denn, den Bogen. ( kann man eine Kuh mit einem Bogen erlegen?)

Oh ja, man kann. Man kann damit sogar einen Elefanten umlegen. Ich hatte mal ein Video zusehen bekommen, wo ein Weißwedelhirsch geschossen wurde. Im ersten Augenblick sah es aus wie ein Fehlschuss. Das Tier zuckte nur kurz mit dem Kopf hoch, beugte sich wieder herunter um weiter zu fressen und brach nach 3 oder drei Schritten tot zusammen. Wie sich herausstellte, hatte der Pfeil das Tier nicht nut tödlich getroffen, sondern glatt durchschlagen. Der Pfeil steckte etwa 20 m weiter in einem Baum und zwar noch so tief, das man erhebliche Probleme hatte ihn heraus zu bekommen. In den USA, wo ja die Jagd mit dem Bogen erlaubt ist, steigen immer mehr Bogenjäger von ihren hochtechnischen Industriebögen um auf traditionelle Holzbögen. Und das nicht nur aus nostalgischen Ansichten.

Bogenjagd ist in Deutschland übrigens verboten. Also auch nicht zu Übungszwecken auf Tiere schießen sondern auch eine Zielscheibe oder auf ein speziell für diesen Zweck hergestelltes Plastiktier (kann man kaufen, ist aber nicht billig).

>Wie macht man also eine Sehne für seinen Bogen.

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, die auch vom Material abhängig sind. Grundszärtlich kann man unterscheiden in Endlossehne oder flämischen Spleiß.

>Ich hab einen Reiterbogen 35lbs, einen Langbogen 50lbs und einen -ähh - so was ähnliches wie einen Langbogen mit 40lbs. Letzterer ist zum "zerlegen" und passt in eine Schachtel von 60*10*4 cm.

Hast mal Fotos von deinen Bögen?

>Mittlerweile kann ich mangels regelmäßigem Gebrauch den 50lbs Bogen kaum noch Spannen und sicher abschießen. Wie stark sind Eure Bögen und was reicht aus um zu Jagen?

Kommt darauf an, wie oft ich zum Schießen komme. Meist benutze ich die 32 lib Wurfarme, aber ich hab auch noch welche in 36, 40 und 44 lib.

Da Bogenjagd hier in Deutschland ja bekanntlich verboten ist, bezieht sich das auf Länder wo es erlaubt ist oder den Ernstfall!:

Im Gegensatz zu modernen Jägern, die auf Hochständen dem Wild auflauern um dann darauf zu schießen, schleicht sich ein Bogenjäger an das Wild heran (gibt auch Ausnahmen). Ziel ist es, sich dabei in eine möglichst günstige Schussposition zu bringen. Es wird also nicht auf 150 m auf jedes Wild geballert, das seine Nase aus der Deckung steckt, sondern man versucht auf eine Distanz von 5 bis 25 m heranzukommen und zwar so, dass das Wild dann möglichst seitlich zu einem steht (Killzone).

In Ländern, wo die Jagt mit dem Bogen erlaubt ist, gibt es meist Empfehlungen oder Richtlinien, wie stark der bogen zu sein hat. Meist liegt das zwischen 40 und 60 lib und kann drüber liegen. Meiner Meinung nach sind Bögen (die Pfeile natürlich immer mit entsprechenden Jagdspitzen versehen)

• ab 30 lib für Kleingetier bis etwa Schafsgröße
• ab 40 lib für größere Tiere
• ab 60 lib für Großwild wie Großbären, Elefanten, Großrinder und ähnlichem

ausreichend.

>Ich denk, dass ein Hase obwohl sehr schnell, dass größte machbare Ziel darstellt.

Für welchen Bogen und welche Pfeile?

MfG

Wizard



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