Glutjahr, Flutjahr, Blutjahr: abschließende Quellenrecherche

Geschrieben von Fred Feuerstein am 18. März 2007 16:18:03:

Quelle: Handbuch des Aberglaubens Band IX, S.472,473 (1927-1942):

“Weltkriegs-Weissagung. Unter den großen geistigen und politischen Ereignissen, die Weissagungen hervorgerufen haben, steht uns keines so deutlich vor Augen, wie das des ,,Weltkrieges" 1914 -1918. Eine genauere Beobachtung des an ihn sich knüpfenden Weissagungsgutes wird also über manches, sonst verborgen Bleibende, Licht zu verbreiten vermögen.
I. 1913. Schon das Jahr 1913 wurde bange als das entscheidende Jahr erwartet, das die lastende Gewitterschwere entladen werde. Ich erinnere mich noch deutlich des gedrückten Silvesterabends 1912/13 in meinem bäurischen Elternhause und der mancherlei, mehr oder minder publiker Äußerungen zur Zahl 13 und ihrer Bedeutung, wie zu dem Umstande, daß das große Kriegsjahr 1813 sich zum 100. Male jährte. 1913 entstand aus den Kriegsweissagungen eines Schreiberhauer Tischlers Carl Hauptmanns ,,Krieg". In Warschau geht 1911 eine Weissagung um, daß 1913 Unruhen ausbrechen, die bis 1917 dauern;
dann werde Polen frei (1). In Deutschland lebt man seit etwa 1905 in einer dauernden Spannung (2). Ein im Neckartal seines Weges gehender Herr erfährt von einer Frau, die sich zu ihm gesellt, daß das Jahr Jahr 1911 ein trockenes, 1912 ein hung-
riges, 1913 ein blutiges sein werde. Als er dieses bezweifelt, teilt die Frau ihm mit, daß dies so sicher sei, wie er 156,31 M bei sich trage (Geldsummen-Beweis) (3). Diese Weissagung, die 1911 datiert, wird 1912 zu einem bekannten Spruch ausgeformt:
1911 ein Glutjahr,
1912 ein Flutjahr,
1913 ein Blutjahr (4),

welche Datierung sich aus der deutlichen Berücksichtigung des Witterungsverlaufes von 1911 und 1912 ergibt. 1911 hieß es, das nächste Jahr werde noch heißer werden, infolgedessen komme große Not und Krieg über die Menschen (5). Aus dem Jahr 1813 soll die Weissagung stammen, daß das Jahr 1913 so blutig sein würde wie 1813 (6). Diese Furcht vor der Zahl 13 (7), die sich, wie schon erwähnt, auch in Kriegsprophezeiungen der Tageszeitungen aussprach (8), führte nicht nur moderne Weissager (9) wie die de Thèbes auf den Plan, die 1913 als das große Kriegsjahr bezeichnete (10). oder machte aus Tarokkarten für 1913 den Umsturz prophezeien (11), sondern erweckte auch altes Weissagungs-Gut. In meiner Heimat (schles. Vorgebirge) ging die Eichbaum-Weissagung (der deutsche Kaiser werde nach einem großen Kriege seine wenigen Getreuen unter einer Eiche sammeln) in bezug auf 1913 um, ähnlich wie im Sundgau: der Preuße wird 1913 so klein, daß er unter dem Eichbaum Platz findet (12), ebenso die Fiensbergprophetie (s. u.) mit den Zahlen 1849 (Angebot der Kaiserkrone) — 1871—1888 (drei Kaiser) — 1913 (Untergang des Reiches und Tod des dritten Kaisers)(13). die in meiner Heimat mit der Eichenbaum-Weissagung verknüpft erschien. Endlich begegnen die Weissagung vom Hosenkrieg der Weiber (so wenig Männer, daß sich die Weiber um eine Mannshose schlagen werden) (14) und die vom Überfluß der Ernte, da so wenig Esser übrig blieben (15), für dies Jahr.
Durch die Zeitungen ging auch diese Sage:
Einen russischen gutmütigen Bauern, der einer frierenden Frau ein Tuch kauft, läßt diese zum Lohn über ihre Schultern schauen. Da sieht er auf einer Seite ein fruchtbares Land, die
Ernte des Jahres 1912, auf der ändern Krieg und Schlacht. Das ist das Jahr 1913, sagt die Frau und verschwindet (16).
Endlich ist der Sage vom Nachtwächter von Szillen zu gedenken, die verschieden-fach aufklingt (17).
Alles in allem darf man feststellen, daß die Zahl 13 und die Erinnerung an 1813 viel böse Erwartungen aufsteigen machten.

1) A. Kahle Die Prophezeiungen über d. Welt-krieg (1917), 34. 2) Vgl. Joh. Illig Historische Prophezeiungen (1922), 20. 3) Ztschr. f. Spiritismus v. 9. 3. 1911 = Psych. Studien 40, 51 = Zentralbl. f. Okkultismus 6, 459. Zum Geldsummen-Beweis s. u. 4) Zentralbl. f. Okk. 6, 60f. 458; A. Reimers Prophetische Stimmen u. Gesichte über d. Weltkrieg 1916. 93; A. Kahle Die Prophezeiungen über d. Weltkrieg s. a. 6; mündlich. 5) Zentralbl. f. Okk. 6, 458. 6) Ebd. 6, 459. 7) Ebd. 6, 461f. 8) Ebd. 6. 460; Psych. Studien 39, 762; 40, 52; Anfang 1913 Weltkrieg, in dem Deutschland um seinen Bestand kämpfen muß:
Zentralbl. f. Okk. 6, 461. 9) Vgl. Zentralbl. f. Okk. 6. 463. 466f. 469. 10) Ebd. 6, 282. n) Ebd. 6, 471. 12) Ebd. 4, 761; 6, 459; ähnlich Roedder Reichsdorf 321 (: Getreue unter Eichbaum, — doch vorher so groß, daß kein Mensch seine Völ-ker zu zählen vermöchte). 13) Zentralbl. f. Okk. 6, 457f. 580 f. 14) Ebd. 6, 459; zum Hosenkrieg s. u. 1&) Ebd. 6, 459. 16) Reimers Proph. Stimmen 03. 17) ZfVk. 25, 400; 26, 89. 211f.“

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HdA gibt somit die Zeitschrift „Zentralblatt für Okkultismus“ Jahrgang 6 = 1912/13 (Jahrgang 1 war 1907/08) als Quelle an.
Zurbonsen hat 1915 dieses Zentralblatt höchstwahrscheinlich als Vorlage genommen (ohne Quellenangabe):

Bekh wiederum hat dies in seinem Buch „Am Vorabend der Finsternis“ (wiederum ohne Quellenangabe !) kolportiert und damit den Eindruck erweckt, daß dies ein Vorzeichen eines künftigen Krieges sei.

Dem ist (leider) nicht so.
Ergo sollten wir diese „Prophezeiung“ als erledigt ad acta legen (oder drastischer formuliert: In die ominöse Tonne stopfen) .
Wenn jemand das wieder mal hervorholt, bitte dieses Posting kommentarlos als Antwort anfügen.

Mit freundlichen Grüßen
Fred

PS: auf ein Faksimile aus dem HdA als Zeitdokument habe ich diesmal verzichtet, damit niemand belästigt wird.



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