Heute mal was klebriges?

Geschrieben von Wizard am 13. April 2006 02:01:14:

Moin Leute,

da man später wahrscheinlich für längere Zeit keinen Kleber mehr kaufen kann, geht es heute mal um das herstellen von Leim.

Das herstellen von Leim ist gar nicht so schwer und geht sogar am Lagerfeuer wenn es sein muss. Leim lässt sich aus Haut, Knochen, Sehnen, Fischhaut und den Schwimmblasen von Fischen herstellen. Die Herstellung ist bei allen Rohmaterialien in etwa die gleiche. Beim Knochenleim benötigt man allerdings Säure um das Collagen von den mineralischen Knochenbestandteilen zu trennen.

Collagen ist ein Protein, aus dem das Bindegewebe bei Tieren gebildet wird. Wenn man das Collagen isoliert, gibt das einen sehr guten Leim. Wie gut dieser Leim ist, kann man ganz einfach selber testen. Etwas von dem Leim auf eine saubere Glasscheibe geben und beobachten was passiert. Beim trocknen schrumpft der Leim und reißt dabei kleine Splitter aus der Glasoberfläche. Hautleim hat z. B. eine Zugfestigkeit von etwa 4,5 Tonnen. Das sollte für so ziemlich alles reichen, was man verleimen will.

Die Herstellung von solchen Leimen erkläre ich an Hand von Hautleim.

Zur Herstellung benötigt man einen Topf, Feuer, Wasser und Rohhautreste.

Die zu Leim zu verarbeitenden Rohhautreste sollten ohne Haare, Fleisch- oder Fettresten sein. Dünn geschabte Rohhaut lässt sich besser zu Leim verarbeiten. Gut getrocknet ist sie lange lagerbar. Die zur Leimherstellung benötigte Menge an Rohhaut weicht man gut mit wasser bedeckt im Topf über Nacht ein. Nach den Einweichen die Rohhaut aus dem Wasser nehmen, etwas ausdrücken und klein schnippeln. Die kleingeschnippelte Rohhaut wieder in den Topf geben. Die Hautfetzen sollten gut mit Wasser bedeckt sein, aber nicht zu viel Wasser nehmen. Das Ganze erhitzt man dann vorsichtig bis auf etwa 80°C und köchelt es bei dieser Temperatur (mit Deckel) etwa 10 Stunden lang. Gelegentliches Umrühren nicht vergessen, es soll ja nichts anbrennen. Nach etwa 10 Stunden nimmt man den Deckel ab und lässt das ganze dann zu einem sehr dünnflüssigen Sirup eindicken (gerade so fiel, das er etwas dicker als Wasser ist). Dabei schöpft man vorsichtig die sich an der Oberfläche sammelnden Unreinheiten (Haut-, Fett-, Haarreste und ähnliches) und Schaum ab. Gegen Ende des Kochvorgangs erhöht man ein wenig die Temperatur, um eventuell noch vorhandene Unreinheiten an die Oberfläche zu bringen und abzuschöpfen. Am Ende des Kochvorgangs schüttet man den Leim durch ein Tuch, um auch die letzten Unreinheiten herauszubekommen.

Je länger der Leim kocht, um so dunkler und schwächer wird er. Also aufpassen!

Will man den Leim sofort verarbeiten, dickt man ihn vorsichtig noch etwas durch erhitzen ein. Besser ist es allerdings, wenn man den Leim erst trocknet und damit lagerfähig macht. Dann kann man sich den Leim je nach Bedarf anrühren.

Zum Trocknen schüttet man den Leim zum Gelieren auf eine möglichst große, glatte und saubere Fläche (Großer Topf, Tablett oder ähnliches). Wichtig ist, das der Sirup möglichst Schnell auskühlt und an Feuchtigkeit verliert. Sonst kann es passieren, das sich Bakterien darauf stürzen und ihn in unbrauchbaren, stinkenden Schleim verwandeln. Also so dünn wie möglich auf der Kühlfläche verteilen. Hat der Leim eine festere, geleeartige Form angenommen, sollte man ihn mit einem Messer in etwa 1 x 1 cm große Stücke zerteilen. Das beschleunigt nicht nur die Trocknung, sondern erleichtert auch die spätere Verarbeitung.

Ist der Leim endlich richtig durchgetrocknet, kann man ihn einlagern. Er muss kühl, trocken, lichtgeschützt und sicher vor Ungeziefer, Hunden, Katzen und sonstigen Räubern aufbewahrt werden. Wer eine alte, handbetriebene Kaffeemühle hat, kann damit die Leimplättchen in Granulat verwandeln, was die spätere Aufbereitung erleichtert.

Zum Gebrauch wird die benötigte Menge an Granulat oder Plättchen in einen kleinen Topf gegeben und knapp mit Wasser bedeckt. Das Ganze lässt man dann abgedeckt ein paar Stunden einweichen (zwischendurch mal nachschauen und eventuell etwas Wasser nachgießen), bis sich alles in eine gallertartige Masse verwandelt hat. Dann wird die Masse vorsichtig unter ständigem Rühren auf etwa 70°C erhitzt, bis sich alles aufgelöst hat.

Aufpassen, bei über 80°C verliert der Leim zunehmend an Klebekraft! Wiederholtes Aufschmelzen ebenfalls, also immer nur so viel Leim vorbereiten, wie man benötigt.

Verarbeitet wird der Leim bei einer Temperatur von etwa 50 bis 60°C. Wird der Leim im Verlauf der Arbeiten zu dickflüssig, kann man dem ganz leicht durch vorsichtigem hinzufügen von Wasser abhelfen.

Da man manchmal auch unterwegs etwas kleben muss, und dann nicht die Zeit hat stundenlang Leimzukochen, kann man sich vorher extra Leim für solche Zwecke vorbereiten. Nach dem der Leim durch ein Tuch geschüttet wurde, zweigt man sich einen Teil davon ab. Diesem Teil des Leims mischt man Zucker unter (1 Teil Zucker auf 4 Teile Leim) und behandelt ihn dann genau so wie den normalen Leim. Also Auskühlen, Trocknen usw. Diesen gezuckerten Leim nennt man dann Mundleim. Man steckt sich etwas davon in den Mund und wartet bis er geschmolzen ist. Er klebt zwar nicht ganz so stakt wie der normale Leim, aber viel besser als Harz oder gar nichts.

Einen gewaltigen Nachteil haben solche Leime aus der Natur allerdings. Die weichen bei Feuchtigkeit auf. Die geleimten Sachen sind also weitgehend vor Feuchtigkeit zu schützen. Es soll allerdings möglich sein, diese Leime resistenter gegen Feuchtigkeit zu machen, in dem man ihnen Gerbsäure oder Öl hinzufügt. Habe ich allerdings bisher noch nicht ausprobiert. Wozu auch, gibt ja Ponal "blau". ;-)))

MfG

Wizard

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