Türkische Geschichtskenntnisse + Film von gestern

Geschrieben von Odin am 28. November 2006 10:41:14:

Odin am 28. November 2006 10:41:14:

Als Antwort auf: Papa in der Türkei; geschrieben von Mario am 27. November 2006 17:03:14:

Hallo

>Liebe Gemeinde,
>nun stellt Euch mal vor, die würden in der Türkei den Papa totmachen. Man darf gar nicht daran denken, wie das dann hacken würde.
>Einen Grund gäbe es immer, und wenn so viele dort unten/drüben schon demonstrieren, gibt es bestimmt hier und da noch ein paar Irre, die so ein Ding auch noch hochziehen.
>Gewarnt haben ihn ja viele/einige/alle.
>Wäre das dann der 3. Hochgestellte, den ein kleiner und ein dunkler - oder so - um die Ecke begleiten ?
>Mit freundlichem Gruß
>Mario

Mich würde mal ein türkisches Geschichtsbuch interessieren. Da ich kein
Türkisch kann, kann ich mir nicht einfach eins besorgen und dann selber
nachlesen.

Den allermeisten Türken scheint entgangen zu sein, dass sie in ihr heutiges
Land vor weniger als 1000 Jahren als Eroberer gekommen sind.

Denen scheint unbekannt zu sein, dass dieses Land vorher zum christlichen
Kaiserreich Byzanz gehört hat.

Denen scheint unbekannt zu sein, dass die Hauptstadt dieses griechischen
christlichen Reiches (Byzanz, Konstantinopal) identisch ist mit der Stadt
Istanbul.

Die wissen vermutlich auch nicht, dass die Hagia Sophia in christlicher
Zeit von byzantinischen Baumeistern errichtet worden ist.

Denen scheint unbekannt zu sein, dass der von Papa Ratzi zitierte Kaiser
von Byzanz genau dort residiert hat. Seine Aussage ist vermutlich entstanden,
weil er den baldigen Untergang des noch übrigen byzantinischen Reiches
aufgrund türkischer Eroberung (!) vorhergesehen hat (geschehen 1453).

Denen scheint unbekannt zu sein, dass man die liebevolle Behandlung, die
die nationaltürkische Bewegung 1915/16 den christlichen Armeniern im
Sultanat angedeihen liess, die internationalen Kriterien des Völkermordes
erfüllt.

Denen scheint unbekannt zu sein, dass Griechen die heutige Westküste der
Türkei seit mehr als ca. 3000 Jahren besiedelt hatten, also ab dem Fall der
Stadt Troja. Auch diese Griechen wurden ähnlich behandelt wie die Armenier,
nur konnten viele nach Griechenland fliehen.

Denen scheint unbekannt zu sein, dass die Insel Zypern seit Jahrtausenden
eine griechische Insel ist ("Kypros" = Ziegeninsel).

Denen scheint weiterhin unbekannt zu sein, dass der christliche Glaube
gut 600 Jahre älter ist als der Islam und auch im Staatsgebiet der Türkei
die älteren angestammten Rechte hat.

Und denen scheint nicht einzuleuchten, dass das Schweinigeln türkischer
Truppen im Norden von Zypern seit dem EU-Beitritt des Inselstaates einen
feindlichen Akt gegen die Staatengemeinschaft bedeutet, der man beitreten
will.

Um eines klarzustellen: ich respektiere die türkische Kultur, esse Döner,
höre sogar manchmal aus Interesse (!) türkische Musik und habe nichts
dagegen, wenn Frauen sich freiwillig (!) verschleiern. Schliesslich hatte
auch das christliche Abendland noch vor 100 Jahren strengere Kleider-
regeln als heute (Beispiel Bademoden).

Gestern abend kam im deutschen Fernsehen ein interessanter Film über
einen jungen Deutschen, der eine Türkin heiraten wollte. Naja es war als
Fernsehkomödie gedacht und ist deshalb auch gut ausgegangen. Der Film
hatte also keinen Anspruch auf dokumentarische Genauigkeit. Beide Seiten
wurden auch nicht einfach schwarz/weiss dargestellt, was mich sehr
gefreut hat, sondern mit Grauschattierungen dazwischen. Aber ich fürchte,
der Rassismus auf der türkischen Seite gegenüber dem Volk, in dessen
Mitte man zu leben gewählt hat, existiert in Wirklichkeit. Nicht bei
allen, aber bei vielen.

Und bei den Türken scheint es weit verbreitet zu sein, dass man sich
immer auf das beruft, wodurch man sich positiv von der deutschen oder
auch schwedischen (ist ja hier ähnlich) Gesellschaft zu unterscheiden
glaubt.

Je nach Sachlage beruft man sich auf den Islam (den auch Araber haben)
oder auch auf das türkische Volkstum, was halt gerade besser passt.

Mir wäre sehr daran gelegen, dass unsere westlichen Gesellschaften
ihren Wertekonsens konsequent und unter Nutzung des staatlichen
Gewaltmonopols gegenüber all denjenigen durchsetzen, die die eigenen
Sitten und Gebräuche (nicht einmal aufgeschriebene Gesetze) höher
achten und einstufen als die für alle verbindliche Gesetzgebung des
jeweiligen "Gastlandes". Abschiebung halte ich nur für das letzte aller
Mittel, das bei Leuten, die ihr "Heimatland" nur als Touristen kennen,
nur im Notfall zur Anwendung kommen soll.

Aber ich finde man sollte viel mehr und offensiver mit der Menschen-
rechtserklärung der UNO argumentieren, die meines Wissens auch der
türkische Staat unterzeichnet hat - oder irre ich mich da ?

Das betrifft zum Beispiel das Recht heiratsfähiger Menschen zu heiraten,
und zwar nach eigener Partnerwahl (ich glaube Artikel 6) und nicht
nach den Sitten und Gebräuchen einer patriarchalischen Bauerngesellschaft,
die im Sippendenken des vorvorigen Jahrhunderts stehengeblieben ist.

Im Film von gestern (hat den keiner gesehen ?) war es sogar noch so,
dass die junge Türkin Jura studiert hat. Nicht ein einziges Mal hat
sie ihrer Familie gegenüber mit dem argumentiert, was sie in ihrem
Studium gelernt hat.

Stichworte: Familienehre, Zwangsheirat, Blutrache
(hat es im Abendland alles auch mal gegeben)

Gruss

Odin
Multikulti, der aber langsam von der
Einseitigkeit die Schnauze voll hat

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