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Eine müde Hinwendung zum Notwendigen (Freie Themen)

Fenrizwolf, Donnerstag, 04.05.2023, 09:03 (vor 364 Tagen) (819 Aufrufe)

Liebe konspirative Okkultisten,

meine ernsthaft größte Freude ist, daß nun Kohlmeisen in meiner Fensterleibung brüten.
Nein, es ist der ganzen Familie größtes Glück, daß wenigstens etwas seinen natürlichen, zum Guten strebenden Lauf nimmt, und dies konsequent und beharrlich tut.

Frau und Kind sind fast verliebt in die kleinen Küken, und ich schaue mit Respekt und Staunen auf das Wirken und Wollen der konsequenten Eltern, und ich bin verliebt in das Ideal – und in die Tiere.

Hintergrund der Geschichte ist, daß einst ein Panzer (so heißen die Rollos) gerissen ist, und vor dem Fenster hing. In einstiger Ermangelung von Alternativen nahm ich kurzerhand eine sog. Gehrungslade aus dem Baumarkt und klemmte sie zwischen Fensterbank und Rollo.
Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, darüber nachzudenken, wie viele Jahre das her ist.

Einerseits empfinde ich Pein, weil ich nicht imstande bin, die Ordnung zu etablieren, die mir vorschwebt,
anderseits sollte ich mich und mein Wirken und Wollen vielleicht nicht zu geringschätzen.

In meinem Alter hatten meine Eltern recht wenige Sorgen, hatten das Nest gebaut, ein Paar Küken, und stets ein paar Würmer im Schnabel.
Meine Mutter hatte es gar geschafft, sich durch Bequemlichkeit aus dem Leben zu nehmen; wie sonst könnte man bis Mitte 60 seine Knochen fast aufgelöst haben?

Eigentlich lebt heut niemand mehr, der älter ist als ich, und einen Vertrauensbonus aus alten Zeiten genießt.

Hier ist keine Brücke mehr intakt – keine! Aber es tut sich auch nichts.
Die Menschen leiden, die Firmen sterben ab, der Wirtschaftsstandort verliert sein Fundament.
Dafür steigt die Mordrate, durch importiertes Ungeziefer
Heute werden hier auf offener Straße Menschen erschossen, von Menschen, die gar nicht hier sein dürften.

Mich ekelt das alles nur noch an.

Die Arbeit, die ich nun tue, weil ich es einst für weitsichtig hielt, mich handwerklich zu bilden, bringt das Geld nicht ein, das wir brauchen, und ist oft ein Scheiß von Plackerei.
Aber noch ist der Kopf nicht hin. Schließlich fehlt allein die Zeit, Alkohol in ihn hineinzuschütten, oder Übermütiges zu veranstalten.

Im Grunde sehe ich keinen Sinn in einem Leben wie diesem: Alles, alles bis ins kleinste Detail wird ständig unerträglicher, sinnloser und irrer.
An Gegenwehr ist nicht zu denken; sonst fristet man seine letzten Jahre noch im Knast.

Aber es ist auch so, daß sich Chancen bieten, die es vor wenigen Jahrzehnten noch nicht gab.
Mut zur Lücke!

Ansonsten ist mir mein Witz abhandengekommen, die Geistesruhe und das Leben selbst.
Für einen Hungerlohn soll ich mich brav stellen?
Ich will die Mitleidslosen in Leid baden, die Verantwortungslosen in Streß umkommen lassen, und die Verräter ihr Anathema erleben lassen.

Aber mein Wille ist ein alter Gaul, der Triumphbogen stinkt nach Fisch, und jedes Ziel im Kompaß ist eine alte Fotze in einem vermüllten Hafen, bis auf die Winkelsekunde.

Ich bin leer, ausgeblutet und ausgeschwitzt.

Da ist kein Land.

Haltet die Backen steif – im Wind!

Mit Gruß

Fenrizwolf


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