Heutzutage weiß man schon etwas mehr über die mittelamerikanischen Kulturen (Freie Themen)

Isana Yashiro, Freitag, 15.10.2021, 10:07 (vor 923 Tagen) @ Taurec (1042 Aufrufe)

Hallo!

Denkbar sind abgesehen davon aber auch abrupt und vorzeitig beendete Verläufe, indem etwas Unberechenbares von außen massiv schädigend eintritt, das mit dem organischen Verlauf des Zyklus nicht zusammenhängt. Spengler nennt hier selbst die auf ihrem Höhepunkte (oder nicht lange danach) durch die Conquistadores vernichtete mittelamerikanische Kultur (oder war es bereits Zivilisation?) als das "einzige Beispiel für einen gewaltsamen Tod. Sie verkümmerte nicht, sie wurde nicht unterdrückt oder gehemmt, sondern in der vollen Pracht ihrer Entfaltung gemordet, zerstört wie eine Sonnenblume, der ein Vorübergehender den Kopf abschlägt. Alle diese Staaten, darunter eine Weltmacht und mehr als ein Staatenbund, deren Größe und Mittel denen der griechisch-römischen Staaten zur Zeit Hannibals weit überlegen waren, mit ihrer gesamten hohen Politik, mit sorgfältig geordnetem Finanzwesen, hochentwickelter Gesetzgebung, mit Verwaltungsgedanken und wirtschaftlichen Gewohnheiten, wie sie die Minister Karls V. nie begriffen hätten, mit reichen Literaturen in mehreren Sprachen, einer durchgeistigten und vornehmen Gesellschaft in großen Städten, wie das Abendland damals keine einzige aufzuweisen hatte – das alles wurde nicht etwa durch einen verzweifelten Krieg gebrochen, sondern durch eine Handvoll Banditen in wenigen Jahren so vollständig vertilgt, daß die Reste der Bevölkerung bald nicht einmal eine Erinnerung bewahrten. Von der Riesenstadt Tenochtitlan blieb kein Stein über dem Boden, in den Urwäldern von Yukatan liegen die Großstädte der Mayareiche dicht beieinander und fallen rasch der Vegetation zum Opfer. Wir wissen von keiner einzigen, wie sie hieß. Von der Literatur sind drei Bücher übriggeblieben, die niemand lesen kann.
Das Furchtbarste an diesem Schauspiel ist, daß es nicht einmal zu den Notwendigkeiten der abendländischen Kultur gehörte. Es war eine Privatsache von Abenteurern, und niemand in Deutschland, England und Frankreich hat damals geahnt, was hier vor sich ging."

Heutzutage wissen wir von einigen frühen mittelamerikanischen Städten wie sie hießen, obwohl nur mit den aztekischen Namen, und sowohl die Schrift der Maya als auch die Schrift der Azteken ist einigermaßen entziffert. Die Schrift der Azteken leitet sich von der Schrift der Maya ab, aber diese ist nicht die früheste mittelamerikanische Schrift. Die früheste mittelamerikanische und möglicherweise sogar die früheste Schrift weltweit ist die der Olmeken. Die wurde nie entziffert, weil die Sprache der Olmeken komplett unbekannt ist. Die olmekische Kultur gilt als die ursprüngliche Kultur Mittelamerikas, die alles erfunden hat, was die mittelamerikanischen Kulturen ausmacht. Die olmekische Kultur gilt manchen auch als die ursprüngliche Kultur Südamerikas, wo die Olmeken in dem Fall Kolonien (die Chavin-Kultur) gegründet hätten. Die Olmeken soll es seit ungefähr 2000 v. Chr. geben und ihre kulturelle Blütezeit wird für den Zeitraum von 1200 v. Chr. bis 400 v. Chr. angenommen.

[image][image] Möglicherweise gehörten die Olmeken zu den Megalithbauern, denn sie hinterließen Riesensteinköpfe, von denen heute siebzehn Stück bekannt sind und die pro Stück zwischen zwanzig und sechzig Tonnen wiegen. Manche Menschen sehen in den Riesensteinköpfen die Gesichter unterschiedlicher Rassen. Das würde immerhin gut zur unbekannten Herkunft der Olmeken so wie zu den über den gesamten Globus verbreiteten megalithischen Stätten passen.

400 v. Chr. waren die Städte der Olmeken verlassen. Der Grund dafür ist unbekannt. Überhaupt weiß man kaum etwas über ihre Geschichte.

Nach den Olmeken kamen die Zapoteken. Auch von denen ist unbekannt, woher sie kamen. Die Datierung ist auch sehr unsicher und statt Jahreszahlen wird normalerweise ein Zeitraum von mindestens zweihundert Jahren angegeben. Obwohl auch die Zapoteken Schrift und Kalender (mit Jahren zu je 260 Tagen) hatten. Die Blütezeit der zapotekischen Kultur soll von 500 v. Chr. bis 900 n. Chr. gedauert haben. Dann sind die Zapoteken zwischen 1000 n. Chr. und 1250 n. Chr. urplötzlich verschwunden, was für Archäologen ein Rätsel ist. Die Zapoteken hatten Feinde im Norden und im Süden.

Die Feinde im Norden waren Azteken. Übrigens sind sämtliche Namen der Völker aztekisch, daher sind die sich alle so ähnlich. Die Feinde im Süden waren die Mixteken, die von irgendwoher eingewandert waren, ihre Hauptstadt um 692 n. Chr. gründeten und danach die verlassenen Städte der Zapoteken besiedelten. Die Mixteken wurden wenige Jahre bevor die Spanier Amerika entdeckten von den Azteken unterworfen. Die Mixteken fügten der mittelamerikanischen Kultur die Goldschmiedekunst hinzu.

Die Kultur der Maya geht auf die der Olmeken zurück, aber die Maya übernahmen die Errungenschaften der Olmeken, zumindest auch, über Zwischenglieder. Diese Zwischenglieder waren die Zapoteken und die Kultur von Teotihuacán. Obwohl Teotihuacán zwischen 100 n. Chr. und 650 n. Chr. mit 200.000 Einwohnern die größte Stadt Mittelamerikas war, ist nichtmal ein Name für diese Kultur überliefert. Die Kultur von Teotihuacán hinterließ keine schriftlichen Zeugnisse. Nach 650 n. Chr. schwand die Bevölkerung der Stadt und das stellt Archäologen wieder vor ein Rätsel. Manche Forscher vermuten einen Brand als Ursache des Bevölkerungsschwundes. Brandspuren wurden gefunden.

Dörfer der Maya lassen sich schon seit 1000 v. Chr. nachweisen, ab 400 v. Chr. begannen sie Tempelbauten aus Stein zu errichten. Die kulturelle Blütezeit der Maya wird auf 250 n. Chr. bis 900 n. Chr. datiert. Während dieser Zeit lebten die Maya in weit verstreuten Stadtstaaten, die sich oft einander nicht grün waren. Wenn man von der Hochkultur Mittelamerikas spricht, dann meint das die Kultur der Maya. Was die Maya nicht hatten, das hatte auch sonst niemand in Amerika. 900 n. Chr. sind die Maya urplötzlich aus ihren Städten verschwunden. Die Städte standen leer und die Historiker und Archäologen stehen schon wieder vor einem Rätsel. Aber die Maya sind nicht ganz verschwunden, denn es gab während der spanischen Herrschaft noch eine spätere, weiter im Norden gelegene Maya-Itza-Kultur. Außerdem existiert das Volk der Maya auch heute noch.

Parallel zu den anderen Völkern gab es noch das Volk der Tolteken. Die kamen aus dem Norden Mexikos und sprachen Nahuatl, also die Sprache der Azteken. Obwohl sich die Tolteken weiter zurückverfolgen lassen, hatten sie nur eine kurze Blütephase. Ihr Reich bestand ungefähr von 900 n. Chr. an ungefähr zweieinhalb Jahrhunderte lang. Warum das endete ist unbekannt. In dem Fall könnte der Grund sehr gut die Nähe zu den Azteken gewesen sein, die schließlich gegen viele Völker Kriege führten.

Die Azteken, obwohl oben schon als kriegerisches Volk früherer Jahrhunderte erwähnt, hatten ihre kulturelle Blütezeit, falls man das überhaupt so nennen kann, vom vierzehnten bis zum sechzehnten nachchristlichem Jahrhundert. Die Azteken waren die letzten Erben der mittelamerikanischen Kultur und wurden schließlich von den Spaniern unterworfen. Aber zu dem Zeitpunkt waren die anderen mittelamerikanischen Kulturen, die weiterentwickelt waren als die Azteken, schon seit Jahrhunderten verschwunden!

Die Abfolge der mittelamerikanischen Kulturen erinnert ein bißchen an die Kulturen im Zweistromland. Die Mittelamerikaner übernahmen voneinander die Schrift, die Architektur, den Kalender, Religion und Mythologie. Statuen von Quetzalcoatl/ Kukulkan in Teotihuacán zeigen, daß auch diese scheinbar schriftlose Kultur sich in die kulturelle Tradition der Maya und Azteken einfügt. Die Maya und die Azteken verhielten sich zueinander jedoch auch wie die Römer zu den Germanen. Obwohl die Azteken ein kriegerisches Volk waren, haben sie die Maya nicht unterworfen, sondern nur von ihnen gelernt. Als die Maya verschwanden breiteten sich die Azteken, von Norden her kommend, in deren Gebiet aus.

Die Maya glaubten, daß die Welt bereits mehrmals untergegangen war und sie daher in der vierten Welt lebten. Die Azteken glaubten, daß die Welt bereits mehrmals untergegangen war und sie daher in der fünften Welt lebten. Die Azteken hatten also die Mythologie der Maya übernommen und den Niedergang der Maya als fünften Weltuntergang hinzugefügt! Die Azteken hatten gegenüber den Maya keine destruktiven Absichten, sondern versuchten vielmehr, deren Kultur wieder Leben einzuhauchen. Möglicherweise waren sogar die vielen Menschenopfer der Azteken ein Versuch, die Gnade der Götter wiederzuerlangen und so wieder auf das kulturelle Niveau der Maya zu gelangen. Möglicherweise bezogen sich auch schon die Maya mit ihren Weltuntergängen auf das Verschwinden der Vorgängerkulturen Olmeken, Zapoteken und Teotihuacán. Natürlich klappte die Wiederherstellung einer früheren Kultur nicht. Wenn der Zyklus erstmal zu Ende ist, dann ist er zu Ende. Das bedeutet natürlich auch, daß die Maya bereits die Zivilisation hinter sich gelassen hatten und zur Blütezeit der Azteken schon Fellachen waren. Den Zapoteken erging es bestimmt nicht anders. Eine Stadt wie Teotihuacán hätte es ohne Zivilisation auch nicht geben können, also war wahrscheinlich auch deren Zyklus einfach zu Ende. Bei den anderen Völkern ist das nicht so ganz klar. Die Olmeken hätten sicherlich genügend Zeit für den kompletten Zyklus gehabt, aber die Megalithbauern gab es rund um die Welt und sie sind rund um die Welt verschwunden.

Mit dem, was auf diese Sätze folgt, irrt Spengler womöglich aber:
"Wenn irgendwo auf Erden, so wurde hier gezeigt, daß es keinen Sinn in der Menschengeschichte, daß es nur eine tiefe Bedeutung in den Lebensläufen der einzelnen Kulturen gibt. Ihre Beziehungen untereinander sind ohne Bedeutung und zufällig."
Was er hier (noch – in seinem unvollendeten Spätwerk anscheinend schon nicht mehr) ausblendet, ist eine denkbare höhere Einheit des Menschengeschlechts, das über alle Kulturen und für uns scheinbar geschichtslosen Zeiten hinweg eine Entwicklung durchmacht, so daß sie alle doch irgendwie zusammenhängen.

Wenn das große Ganze keinen Sinn hat, wie sollten dann die einzelnen Teile einen Sinn haben? Das eine geht nicht ohne das andere.

Wenn man darüber hinaus nicht ausblendet, daß es neben dem schicksalhaft gesetzmäßigen Verlauf der hohen Kulturen hinieden außerdem eine Herkunft und Einbettung der Menschheit in spirituellen jenseitigen Sphären gibt, von wo aus die Welt, in der wir inkarniert sind, vielleicht derart geschaffen ist, daß sie mittels scheinbar zufälliger Eingriffe einer Teleologie folgt, dann wäre es durchaus denkbar, daß ein Eingriff mittels äußerer Katastrophen unsere Zivilisation (oder einen daraus hervorgehenden Zustand) auf ähnliche Weise beendet wie die Spanier die mittelamerikanische Zivilisation, aber nicht zufällig ist. Und wenn desgleichen irgendwann eintritt und nicht zufällig ist, dann kann es grundsätzlich auch gesehen werden, weil es als künftige Wegmarke bereits feststeht.

Die Spanier haben die mittelamerikanische Zivilisation nicht beendet! Die mittelamerikanische Zivilisation war schon seit Jahrhunderten beendet als die Spanier dort eintrafen! Die Azteken hatten nur noch die Reste aufgesammelt und versucht, denen wieder Leben einzuhauchen. Das und nur das haben die Spanier beendet. Gerade so als ob man die Olympischen Spiele der Moderne abschaffen und darum behaupten würde, man habe die altgriechische Kultur vernichtet.

Falls man eine Teleologie annimmt, gerade dann gilt doch, daß eine Kultur lange genug bestehen muß, um ihrem Sinn und Zweck gerecht zu werden. Sie muß den vollen Zyklus durchlaufen und kann nicht einfach beliebig enden.

Gibt es paranormale Schauungen (die Untergangsprophezeiungen der Inkas und Atzteken waren eine Ausnahme: Es waren wohl astrologische Berechnungen) Schauungen, die bislang sich bestätigt haben, und wenn ja, welche. Und dann, was könnten wir daraus lernen?


Das ist die Frage. Sind die Schauungen verläßlich? Zeigen sie die (wenn auch nur eine bis zur Unkenntlichkeit verzerrte?) echte Zukunft oder sind sie Hirngespinnste, die sich aus abgeirrten menschlichen Vorstellungswelten speisen?

Kennen wir nicht schon Beispiele für beide Varianten?

Gruß,
Shiro


Gesamter Strang: